Wie weiter mit der Rabbinerausbildung in Deutschland? Nach Vorwürfen und Prozessen rund um das Geiger-Kolleg gibt es jetzt eine neue Stiftung, doch die alten Ausbildungswege existieren ebenfalls weiter mit neuen Trägern.
Im Streit um die bundesweit einmalige Rabbinerausbildung in Potsdam hat eine neue Stiftung ihre Arbeit aufgenommen. Damit gibt es neben den beiden bestehenden Ausbildungsgängen drei neue. Ob alle fünf auf Dauer nebeneinander existieren und finanziert werden können, wird sich erst in den nächsten Monaten zeigen.
Wie der Zentralrat der Juden in Deutschland am Freitag mitteilte, hat die Nathan Peter Levinson Stiftung als neue Trägerin der Rabbinatsausbildung in Potsdam ihre Arbeit aufgenommen. Innerhalb dieser Stiftung seien drei Seminare entstanden: das Regina Jonas Seminar für die liberale Rabbinerausbildung, das Abraham J. Heschel Seminar für die konservative und das Louis Lewandowski Seminar für die Kantorenausbildung. Die Uni Potsdam beabsichtige, die Stiftung als An-Institut anzuerkennen, also als rechtlich selbstständige Einrichtung, die eng mit der Uni verbunden ist, ohne direkt zu ihr zu gehören.
Der Zentralrat hatte die Stiftung vor einigen Monaten auf den Weg gebracht. Das hat auch damit zu tun, dass er nicht damit einverstanden ist, dass die Jüdische Gemeinde zu Berlin Anfang 2023 die Trägerschaft für die Rabbiner- und Kantorenausbildung am Standort Potsdam übernommen hat. Dazu gehören das Abraham-Geiger-Kolleg für die liberale und das Zacharias-Frankel-College für die konservative Ausbildung. Beide sind ebenfalls An-Institute der Uni Potsdam.
Die Berliner Gemeinde hatte die Trägerschaft für beide Ausbildungsorte von der Leo-Baeck-Foundation übernommen. Hintergrund waren Vorwürfe gegen den langjährigen Rektor des Geiger-Kollegs, Rabbiner Walter Homolka, unter anderem wegen Machtmissbrauchs und weiteren Fehlverhaltens. Er bestreitet die Vorwürfe, ging gerichtlich gegen sie vor und zog sich von Ämtern in der jüdischen Gemeinschaft zurück. Daher musste auch eine neue Lösung für die Rabbinerausbildung gefunden werden.
Als staatliche Geldgeber begrüßten das Bundesinnenministerium, das Brandenburger Ministerium für Wissenschaft und die Kultusministerkonferenz den Start der neuen Stiftung, betonten aber zugleich, sie wollten sich “äußerste Zurückhaltung im Hinblick auf innerreligionsgemeinschaftliche Angelegenheiten” auferlegen. Das Geiger-Kolleg erklärte auf Anfrage, seine Arbeit selbstständig fortsetzen zu wollen.
Die neue Stiftung ist nach dem liberalen Rabbiner Nathan Peter Levinson (1921-2016) benannt, der 1940 an der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums in Berlin studierte. 1941 gelang ihm und seiner Familie die Flucht in die USA. Nach der Schoah kehrte er 1950 zurück, war maßgeblich an der Gründung der Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg beteiligt. 2016 starb er in Berlin.