Dass die Pflegeversicherung vor Finanzproblemen steht, ist lange bekannt. Laut einem Pressebericht droht aber sogar im Februar die Zahlungsunfähigkeit. Minister Lauterbach widerspricht.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) warnt vor Panikmache bei der Pflegeversicherung. Zuvor hatte das Redaktionsnetzwerk Deutschland am Montag unter Berufung auf Koalitionskreise berichtet, dass die finanzielle Lage der Versicherung noch dramatischer sei als bislang bekannt. Wenn nicht eingegriffen werde, drohe noch im Februar die Zahlungsunfähigkeit.
Das Bundesgesundheitsministerium erklärte dazu am Montag, diese Einschätzung könne nicht bestätigt werden. “Dass die Pflegeversicherung aber sowohl kurzfristig wie auch strukturell Schwierigkeiten hat, ist bekannt.” Auch der Vorsitzende des Sozialausschuss des Bundestags, Bernd Rützel (SPD), wies Spekulationen über eine drohende Zahlungsunfähigkeit als weit übertrieben zurück. “Die Lage ist nicht dramatisch”, sagte er der “Augsburger Allgemeinen” (Dienstag). “Anders als der Bericht insinuiert, steht die Pflegeversicherung nicht vor der Pleite”, betonte Rützel. Richtig sei aber, dass die Pflegeversicherung mehr Geld brauche.
Das Ministerium und Rützel verwiesen auf drei zentrale Gründe für Ausgabensteigerungen: Mit der jüngsten Pflegereform seien die Pflegebedürftigen in Heimen erheblich entlastet worden; Pflegekräfte bekämen höhere Löhne, und es gebe mehr Pflegebedürftige als angenommen. “Deswegen wird der Minister wie angekündigt in Kürze ein Finanzkonzept vorlegen, um sowohl kurz- wie langfristig die Pflegeversicherung wieder auf stabilere Füße zu stellen”, betonte das Ministerium.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz warf der Politik Volksverdummung vor, wenn sie die steigenden Löhne für Pflegekräfte als Ursache für höhere Beiträge bezeichne. Die Lohnsteigerungen würden voll und ganz von den Pflegebedürftigen getragen, sagte Vorstand Eugen Brysch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).
Laut Redaktionsnetzwerk reicht die von den Krankenkassen bisher prognostizierte Erhöhung des Beitragssatzes um 0,2 Prozentpunkte zum Jahresende nicht aus. In der Regierung werde vielmehr von einem Bedarf in Höhe von 0,25 bis 0,3 Prozentpunkten ausgegangen. Zur Begründung werde darauf verwiesen, dass nach der Bundestagswahl im Herbst 2025 mit einer längeren Phase der Regierungsbildung zu rechnen sei. Deshalb müsse die Erhöhung so ausfallen, dass das Geld mindestens bis zum Frühjahr 2026 ausreiche.
Der CSU-Fraktionsvorsitzende im Bayerischen Landtag, Klaus Holetschek, wandte sich unterdessen gegen Beitragserhöhungen in der Pflegeversicherung. Die fehlenden 11 Milliarden Euro müssten aus Steuermitteln finanziert werden, weil der Pflegeversicherung versicherungsfremde Kosten aufgebürdet worden seien. “Dazu gehören die coronabedingten Finanzlasten von 5,5 Milliarden Euro sowie die jährlichen Mittel von 3,5 Milliarden für Rentenversicherungsbeiträge für pflegende Angehörige, die Ausbildungsumlage von einer Milliarde Euro und der gestrichene Bundeszuschuss von einer Milliarde Euro”, sagte der frühere bayerische Gesundheitsminister.