Der Umweltverband Naturschutz-Initiative hat an Bevölkerung und Behörden appelliert, die Rückkehr des Wolfs nach Deutschland zu akzeptieren. Alle Weidetierhalter in Wolfsgebieten müssten Herdenschutz ernst nehmen, forderten Gabriele und Harry Neumann vom Vorstand der Organisation in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Naturschutz-Initiative hatte im Dezember mit einem erfolgreichen Eilantrag beim Verwaltungsgericht Koblenz die erste Abschussgenehmigung für einen Wolf in Rheinland-Pfalz vorerst gestoppt.
„Es gibt keine Problemwölfe“, sagte Gabriele Neumann. „Das ist ein politischer Begriff.“ Der Leitwolf des Leuenscheider Rudels GW1896m, dessen „Entnahme“ das Land anstrebt, sei in der Tat „ein sehr kluges Tier“. Der Wolf laufe Weiden ab und suche nach Schwachstellen in der Umzäunung. Ein Abschuss sei dennoch nicht gerechtfertigt, solange nicht alle Tierbesitzer die nötigen Schutzmaßnahmen ergriffen hätten. Zudem bestehe die Gefahr, das gesamte Rudel auszulöschen.
Der Anblick vom Wolf gerissener Schafe oder Ziegen sei in der Tat schrecklich, räumte Harry Neumann ein. Umso mehr müssten die Besitzer der Verantwortung für ihre Tiere nachkommen. „Es wird doch alles bezahlt“, sagte er mit Blick auf die weitreichenden Fördermaßnahmen des Landes. „Es wird sogar das Futter für Herdenschutzhunde bezahlt.“
Das Ansinnen des Mainzer Umweltministeriums, mit der Abschussgenehmigung für einen einzelnen Wolf etwas Druck aus der Debatte zu nehmen, sei nachvollziehbar, erklärte Gabriele Neumann. Doch mit einem Abschuss könnten die Gemüter nicht beruhigt werden, da manche Kreise wohl eher die erneute Ausrottung des Wolfs anstrebten: „Und das geht einfach nicht.“ Deutschland sei rechtlich durch internationale Konventionen zum Artenschutz verpflichtet.
Die Naturschutz-Initiative beobachtet eine zunehmende Tendenz, auch geschützte Tiere zu bekämpfen, wenn sie Lobbygruppen Aufwand verursachten. Der Wolf sei nur das prominenteste Beispiel dafür. Ähnliche Debatten gebe es auch bei Bibern, Luchsen und zukünftig voraussichtlich auch bei Fischottern, die ebenfalls in ehemalige Lebensräume zurückkehren.
Aktuell halten sich in Rheinland-Pfalz vier Wolfsrudel zumindest zeitweise auf, drei davon in der Westerwald-Region. Der Wolfsrüde GW1896m war zum Abschuss freigegeben worden, weil er nach Aussage der Behörden mehrfach wolfssichere Zäune überwunden hatte, was das Verwaltungsgericht allerdings anders sah. Die Genehmigung wurde im Eilverfahren wegen zahlreicher gravierender Mängel als rechtswidrig erklärt.