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Nachruf auf Mechthild Holtermann: Ein offenes Ohr für alle

Die Pfarrerin Mechthild Holtermann starb im Alter von 93 Jahren. Als Seelsorgerin, Dozentin und Gemeinderätin hinterlässt sie bleibende Spuren.

Mechthild Holtermann starb im Alter von 93 Jahren
Mechthild Holtermann starb im Alter von 93 JahrenKirchengemeinde Michendorf-Wildenbruch

Bereits am 17. Oktober 2024 starb Mechthild Holtermann in Magdeburg im Alter von 93 Jahren. Ihr Leben war geprägt von unermüdlichem Engagement und einer tiefen Verbundenheit mit den Menschen, denen sie begegnete. In der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM), der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburgschlesische Oberlausitz (EKBO) und in weiteren ehemaligen Kirchen der DDR hinterließ die Provinzialpfarrerin bleibende Spuren.

Zahlreiche Menschen werden sich an Mechthild Holtermann vor allem aufgrund ihrer außergewöhnlichen Gabe erinnern, zuzuhören. Sie war nicht nur eine begnadete Seelsorgerin, sondern auch eine, die sich wirklich Zeit nahm, um bei Sorgen und Nöten anderer beizustehen. Ihr empathisches Ohr war für viele ein wertvolles Geschenk, und ihr beständiges Dranbleiben an den Anliegen anderer war etwas, das sie besonders auszeichnete.

Mechthild Holtermann war im Burckhardthaus Potsdam tätig

Ihre berufliche Laufbahn begann in der Kinder- und Jugendarbeit in Erfurt, wo sie früh auf die Bedeutung einer modernen, religiösen Bildung hinwies. Sie beteiligte sich maßgeblich an der Entwicklung einer neuen Oberschulkatechetik. Gleichsam war sie im Burckhardthaus Potsdam in der berufsbegleitenden Ausbildung von Gemeindehelfer*innen tätig.

Mit ihrer Erfahrung trieb sie die Reform der kirchlichen Ausbildungslandschaft voran. Aus dieser Reform entstand die Evangelische Ausbildungsstätte für Gemeindepädagogik in Potsdam mit dem Gründungsrektor Peter Schicketanz. Ein damals zukunftsweisendes Angebot für junge Menschen, die oft mit diesem Studium den Wunsch verbanden, die Kirche zu erneuern, wie auch die Gesellschaft zu verändern. Mechthild Holtermann war von Beginn an fester Bestandteil dieser Ausbildung und brachte ihr Wissen als Dozentin für Neues Testament und Erwachsenenarbeit ein. Fakultativ bot sie zusätzlich Griechisch an. Von 1984 bis 1989 war sie Rektorin der Ausbildungsstätte und stand ihren Studierenden zur Seite, auch und gerade wenn diese ins Visier der Stasi gerieten. Ihre Unterstützung war bedeutsam für alle, die nach einem eigenen Weg suchten. Zu ihrem 60. Geburtstag bauten ihr die Student*innen einen Thron und huldigten mit einem Fest ihrer „Königin“. Sie empfand sich jedoch eher als „erste unter Gleichen“, bescheiden und nahbar.

Soziale Belange lagen Mechthild Holtermann am Herzen

Nach der Friedlichen Revolution brachte sie sich im neuen Studiengang „Lebensgestaltung-Ethik-Religion“ in der Fortbildung von Lehrer*innen ein. Auch in ihrem Wohnort Michendorf blieb sie aktiv, insbesondere in sozialen Belangen: Im Gemeinderat, zuständig für Soziales, kümmerte sie sich um die Sorgen der Bedürftigen und derjenigen, die durch die veränderten gesellschaftlichen Umstände Probleme bekamen oder gar ihr Zuhause verloren hatten.

In ihrer Kirchgemeinde blieb sie ein wertvolles Gemeindeglied, sei es bei Bibelarbeiten, Gottesdiensten oder praktischen Hilfsaktionen. Ihre Nähe zu den Menschen zeigte sich auch darin, dass sie jederzeit ein tröstendes Wort für Traurige oder Zweifelnde hatte.

Mechthild Holtermann war voller Hingabe und Wärme für andere

Nach einem Schlaganfall kämpfte Mechthild Holtermann sich tapfer ins Leben zurück. Als später die körperlichen und geistigen Kräfte weiter nachließen, fand sie in Magdeburg, in der Nähe ihres Bruders, der sich liebevoll um sie kümmerte, ihre letzte Heimstatt.

Die Menschen, die das Glück hatten, Mechthild Holtermann zu begegnen, werden sie in ihren Herzen bewahren. Ihr Leben war wahrhaft in der Nachfolge ein Leben für andere – voller Hingabe, Wärme und einem unerschütterlichen Glauben an die Kraft des Zuhörens.

Frank Otto war von 1982 bis 1997 Dozent der Ausbildungsstätte für Gemeindepädagogik in Potsdam, welche nach 1997 reformiert als Studiengang an der Evangelischen Hochschule fortgeführt wurde. Er lebt in Potsdam.