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Nach Hamas-Überfall steigen in Bayern antisemitische Vorfälle

In Bayern gibt es seit der Terrorattacke der Hamas auf Israel im Oktober 2023 immer mehr antisemitische Vorfälle. Der Historiker Michael Wolffsohn fordert ein neues Denken.

Nach dem Angriff der palästinensischen Terrororganisation Hamas am 7. Oktober 2023 auf Israel hat in Bayern die Zahl antisemitischer Vorfälle mit einem Bezug zu Israel massiv zugenommen. In den ersten sechs Monaten wurden 527 derartige Vorkommnisse gezählt, wie die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (Rias) Bayern am Montag im Münchner Presseclub bekanntgab. In den sechs Monaten zuvor seien es 43 gewesen. Dies entspreche einem Zuwachs von 1.125 Prozent.

Weitere Erhebungen aus der Folgezeit lägen noch nicht vor, sagte Rias-Leiterin Annette Seidel-Arpaci. Sie habe aber den Eindruck, dass die Entwicklung anhalte. Nach ihren Angaben handelt es sich bei den erfassten Vorfällen um 5 Angriffe, 12 gezielte Sachbeschädigungen, 19 Bedrohungen, 11 Massenzuschriften und 480 Fälle verletzenden Verhaltens, darunter 127 Versammlungen.

Bei einem Großteil der Vorfälle sei ein bestimmter politischer Hintergrund nicht eindeutig zuzuordnen, sagte Seidel-Arpaci. Angesichts dieser Zahlen sei nachvollziehbar, dass sich viele bayerische Jüdinnen und Juden wie auch Israelis in Bayern nicht mehr sicher fühlten. Wer für den jüdischen Staat einstehe oder sich mit jüdischen Symbolen zeige, müsse mindestens mit Anfeindungen rechnen.

Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) sprach von “ungeheuerlichen Zahlen”. Das Ausmaß sei nicht hinnehmbar und stelle einen Angriff auf die demokratisch verfasste Gesellschaft als Ganze dar.

Der Historiker Michael Wolffsohn plädierte angesichts der Statistik und des Erstarkens rechter Parteien in Europa für einen Neuanfang im Kampf gegen Antisemitismus. “Wie bisher können wir nicht weitermachen, wir werden scheitern, wir werden weggefegt.” Dabei gehe es nicht nur um jüdische Existenz, sondern das Überleben der Demokratie insgesamt. “Lassen Sie uns gemeinsam neu denken”, appellierte der 77-Jährige.