Nach Berichten über ein Treffen von AfD-Vertretern mit Rechtsextremen mehren sich Aufrufe nach einer größeren Wachsamkeit gegenüber demokratiefeindlichen Entwicklungen. Politiker, Wissenschaftler und Kirchenverteter rufen zum Einsatz gegen Rechtspopulisten auf. Ob ein Verbot der AfD als Gesamtpartei vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand haben könnte, ist nach Ansicht des Göttinger Demokratieforschers Simon Franzmann aber offen.
Der Direktor des Instituts für Demokratieforschung an der Universität Göttingen erläuterte im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd): „Jeder Partei muss klar sein: Wenn sie den Bestand der Bundesrepublik aktiv gefährdet, dann kann sie verboten werden und sollte auch verboten werden.“ Dies müsse aber zweifelsfrei nachgewiesen werden.
Am Mittwoch hatte das Recherchenetzwerk Correctiv einen Bericht über ein Treffen von hochrangigen AfD-Politikern, Neonazis und Unternehmern veröffentlicht, bei dem Pläne zur Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland besprochen worden sein sollen.
Der evangelische Theologe Wilfried Manneke sagte daraufhin dem epd, die AfD zeige zunehmend ihr wahres Gesicht und werde der rechtsextremen NPD immer ähnlicher. „Jetzt müssen die Alarmglocken läuten“, betonte der Ruhestandspastor und Vorsitzende der Initiative „Kirche für Demokratie – gegen Rechtsextremismus“ Niedersachsen. „Alle, denen die Demokratie etwas wert ist, müssen das Wort ergreifen, unter Umständen sogar Demonstrationen organisieren und auf die Straße gehen“, forderte der Träger des Paul-Spiegel-Preises für Zivilcourage.
Auch Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) rief zum entschlossenen politischen Kampf gegen Rechtspopulisten auf. Die AfD fördere eine Polarisierung, indem sie Zukunfts- und Überforderungsängste schüre, sagte er am Donnerstagabend in der Bremer Kulturkirche St. Stephani. Bovenschulte warnte vor einer Spaltung der Gesellschaft. Den rechten Kräften gelinge es, die Sehnsucht nach einer vermeintlich besseren Vergangenheit zu fördern. „Wir sollten uns davor hüten, frühere Zeiten zu glorifizieren“, sagte Bovenschulte. Vieles sei damals schlechter gewesen.
Die Leiterin der Stiftung niedersächsischer Gedenkstätten, Elke Gryglewski, hält Vergleiche mit Entwicklungen im Nationalsozialismus zumindest in Teilen für gerechtfertigt. „Angesichts der immer kontinuierlicheren Unverfrorenheit und Provokationen der AfD und rechtsextremer Kreise, finde ich es durchaus berechtigt, vermeintliche oder tatsächliche Analogien zu benennen“, sagte die Politikwissenschaftlerin.
Gryglewski, zu deren Stiftung in Celle auch die KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen gehört, betonte zugleich, die Vertreibungspolitik im Nationalsozialismus sei Staatspolitik gewesen, die Überlegungen der AfD und der Rechtsextremen seien hingegen lediglich die von Gruppierungen. In der heutigen Demokratie sei es deshalb einfacher als damals, sich „eindeutig und resolut“ gegen solche Einstellungen zu wenden.