In einer Petition fordern Beatrice Weizsäcker, Sven Giegold und Ansgar Gilster klare Worte von der Kirche für die Menschenwürde von Flüchtlingen. Am 29. August diskutieren sie mit dem Ratsvorsitzenden in einer öffentlicher Videokonferenz.
Von Sibylle Sterzik (mit epd)
Aus den Reihen von Kirchen und Zivilgesellschaft firmiert sich Protest gegen eine Politik der Abwehr von Flüchtlingen und die Behinderung von Seenotrettung auf dem Mittelmeer. Mehr als 107 567 Menschen haben den Aufruf zur Flüchtlings – politik in Europa „Erst stirbt das Recht, dann der Mensch!“ auf der Plattform „change.org“, der am 10. Juli online ging, unterschrieben. Stündlich werden es mehr.
Auslöser war das Schweigen der Kirchen Gestartet wurde die Petition von drei Mitgliedern des Präsidiums des Deutschen Evangelischen Kirchentags: dem Europaabgeordneten Sven Giegold (Grüne), der Autorin und Juristin Beatrice von Weizsäcker und dem Historiker Ansgar Gilster, Geschäftsführer der Kammer für Migration und Integration bei der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Es sei richtig, über gemeinsame Grenzkontrollen festzustellen, wer nach Europa einreise und für eine faire Verteilung der Flüchtlinge zu sorgen. Aber es sei völkerrechtswidrig, Menschen in Seenot nicht zu retten, heißt es in der Petition.
„Wir waren überrascht über das Schweigen der Kirchen im Frühsommer“, sagt Mitinitiator Sven Giegold. „Auch vom Deutschen Evangelischen Kirchentag hätten wir ein klares Wort erwartet.“ Als das ausblieb, wurden die drei selbst aktiv. Das Besondere an dieser Petition seien die ausdrücklichen Forderungen an die Kirche, so Giegold. „Flüchtlingen durch Abschottung faktisch zu verweigern einen Asylantrag zu stellen, widerspreche europäischem und internationalem Recht.“
„Menschen, die Flüchtlingen helfen, dürfen nicht kriminalisiert werden“, sagte Beatrice von Weizsäcker dem epd. In dem Aufruf fordern die Initiatoren von den EU-Regierungen Humanität statt Abschottung: „Bekämpfen Sie Fluchtursachen, nicht Flüchtlinge. Entscheiden Sie sich für eine Politik der Menschlichkeit und Solidarität, damit Europa seine Würde behält.“
Von den Kirchen fordern sie, dass sie sich mutiger, klarer und unmissverständlich für Flüchtlinge einsetzen und die Menschenwürde ohne politische Rücksichtnahme verteidigen. Wörtlich heißt es: „Weisen Sie alle politischen Vorschläge zurück, denen nicht Liebe und Mitmenschlichkeit zugrunde liegen. Besuchen Sie die schutzsuchenden Menschen in ihren Unterkünften. Sprechen Sie mit den Helferinnen und Helfern, die aus Verzweiflung resignieren. Stärken Sie die Einrichtungen, die sich für Flüchtlinge einsetzen.“ Ziel ist Gespräch im Rat der EKD zur Flüchtlingspolitik Auch das evangelische Hilfswerk „Brot für die Welt“ unterstützt inzwischen den Aufruf. Heinrich Bedford- Strohm, der Ratsvorsitzende der EKD, reagierte auf seiner Facebook- Seite auf die Petition. Sie bringe zum Ausdruck, wofür er sich in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder eingesetzt habe, schrieb der bayerische Landesbischof und ergänzte selbstkritisch: „Offensichtlich nicht deutlich und vernehmbar genug.“ Eine Form der Unterschriftenübergabe wird die öffentliche Videokonferenz mit Bedford-Strohm über die Position der Evangelischen Kirche zur Flüchtlingspolitik sein. Am Mittwoch, 29. August, findet von 20 bis 22 Uhr die Online-Diskussion statt. Sie ist offen für alle Interessierten. Ziel von Sven Giegold und den anderen Aufrufenden ist es, ein Gespräch im Rat der EKD zur Flüchtlingspolitik führen zu können. Auch darüber will er bei der Live-Schaltung mit Bedford-Strohm sprechen.
Es sei das erste Mal, dass sich der leitende Geistliche der EKD einer so offenen und öffentlichen Diskussion im Internet stellt, sagt Sven Giegold. „Wir hatten noch nie so viele Anmeldung wie diesmal, momentan sind es schon 511.“ Sven Giegold ist zuversichtlich, dass es Tausend werden. Sein Büro hat bereits Erfahrung in dem interaktiven Online-Format „Europe Calling“, Mitarbeiter Maximilian Fries ist während der Diskussion telefonisch erreichbar, falls es technische Probleme gibt. Zu einem späteren Zeitpunkt soll es auch eine Videokonferenz mit der katholischen Kirche, dafür ist Kardinal Reinhard Marx angefragt.
Anmeldung ist nötig Teilnehmen kann man nur nach Anmeldung per Link. Das geht einfach vom Computer oder Mobiltelefon per Internetverbindung. Eine Stunde vor dem Gespräch kommt eine Mail mit einem Link. Drauf klicken und man ist dabei.
Auf dem Bildschirm können Teilnehmende verfolgen, wie Beatrice von Weizsäcker mit Heinrich Bedford- Strohm diskutiert. Sven Giegold moderiert das Gespräch und tritt als Anwalt des Online-Publikums auf. Jeder, der angemeldet ist, kann per Chat-Fenster schriftlich Fragen stellen oder direkt über das Mikrofon.
Für die Online-Diskussion registrieren: https://attendee.gotowebinar.com/register/9067345131993648898
Unterschriftenliste zum Download zum Sammeln nach Veranstaltungen: https://tinyurl.com/fluechtlingspolitik
Bis 15. September zurücksenden an: Ansgar Gilster, Evangelische Kirche in Deutschland, Referat Migration und Menschenrechte, Herrenhäuser Straße 12, 30419 Hannover.