Die Freien Wähler verkaufen sich nach Ansicht der Münchner Politikwissenschaftlerin Ursula Münch geschickt als Anti-Establishment-Partei. Dabei gehörten sie als Regierungspartei längst dazu, sagte die Direktorin der Tutzinger Akademie für Politische Bildung dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Montag. Die Freien Wähler hätten diesen Platz in Bayern längst besetzt, bevor die AfD aufgekommen ist, „und sie sitzen dort noch, obwohl sie inzwischen mitregieren“, erläuterte Professorin Münch.
Die Freien Wähler und auch Hubert Aiwanger unterschieden sich zwar inhaltlich deutlich von den Positionen der AfD. „Aber: Die Art und Weise, wie Aiwanger argumentiert und welche Emotionen er bedient, das ist eben durch und durch populistisch“, sagte Münch. Aiwanger gebe sich als stellvertretender Ministerpräsident und bayerischer Wirtschaftsminister „als Vertreter der kleinen Leute, die viel arbeiten müssen und nicht viel Geld verdienen“. Diese Karte spielten die Freien Wähler seit ihrem Einstieg in die Landespolitik.
Dass den Freien Wählern und Aiwanger die Affäre um ein antisemitisches Flugblatt, das zur Schulzeit des Freien-Wähler-Chefs in dessen Tasche gefunden wurde, zumindest nach den aktuellen Umfragen eher genutzt als geschadet hat, erklärt sich die Politikwissenschaftlerin so: Diejenigen, die Aiwanger zur Seite gesprungen seien, sympathisierten zwar nicht mit antisemitischem Gedankengut. Aber sie „sympathisieren mit dem Menschen Hubert Aiwanger, der von sich behauptet, dass ihm Unrecht widerfahren ist“.
Man könne Aiwangers Kommunikationsstrategie nach den Flugblatt-Berichten als ziemlich „daneben“ bezeichnen, betonte Münch: „Allerdings: Für all diejenigen, die ihn unterstützen, macht es diese Sicht der Dinge natürlich einfacher“. Weil er alles abstreite, könne man an der „Kampagnen-Legende“ wunderbar festhalten. (00/3096/25.09.2023)