Mecklenburg-Vorpommerns Justizministerin Jacqueline Bernhardt (Linke) und der Deutsche Richterbund warnen vor einer Überlastung der Staatsanwaltschaften und Gerichte durch die mit der Teilfreigabe von Cannabis vorgesehene Amnestie-Regelung. In MV seien etwa 6.500 offene Vollstreckungsverfahren durch die Justiz zu prüfen, sagte die Ministerin am Donnerstag in Schwerin laut einer Mitteilung ihres Ministeriums. Dies betreffe noch nicht vollständig verbüßte Haftstrafen, noch nicht vollständig beglichene Geldstrafen, noch nicht vollständig vollstreckte Bewährungsstrafen und noch nicht vollständig erfüllte Sanktionen des Jugendstrafrechts. Bei einem Inkrafttreten des Cannabisgesetzes zum 1. April sei die verbleibende Zeit für die Justiz zu kurz, um die Amnestie-Regelung umzusetzen.
Bernhardt forderte daher zumindest ein verzögertes Inkrafttreten der Amnestie-Regelung. „Diese notwendige Korrektur ist im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren auch möglich“, sagte die Justizministerin.
„Die Justiz rechnet bundesweit mit mehr als 100.000 Akten, die im Falle des geplanten rückwirkenden Straferlasses bei Cannabis-Delikten nochmals zu überprüfen sind“, sagte der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbundes, Sven Rebehn, dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ (Donnerstag). Der Gesetzgeber sei gut beraten, die geplante Amnestie-Regelung für noch nicht vollstreckte Altfälle aus dem Cannabisgesetz zu streichen.
Die Bundestagsabstimmung über das Gesetz ist für Freitag (23. Februar) geplant. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass vom 1. April an Erwachsene ab 18 Jahren bis zu 25 Gramm Cannabis zum eigenen Verbrauch bei sich haben dürfen. Zu Hause dürfen insgesamt bis zu 50 Gramm aufbewahrt werden, sofern sie aus dem Eigenanbau von bis zu drei Pflanzen oder von Cannabis-Clubs stammen. Die Erlaubnis, kontrollierte Cannabis-Clubs zum Anbau und zur Abgabe der Droge zu gründen, soll am 1. Juli dieses Jahres in Kraft treten.
Für die Staatsanwaltschaften bedeute das Cannabisgesetz in der vorliegenden Fassung konkret, dass sie alle Strafakten mit Bezug zum Betäubungsmittelgesetz nochmals daraufhin auswerten müssen, ob die betroffenen Sachverhalte nach der neuen Rechtslage straflos wären, erläuterte Richterbund-Geschäftsführer Rebehn. „Auch auf die Gerichte kommt eine enorme Zusatzbelastung zu“, sagte er. Sei jemand wegen mehrerer Straftaten zu einer sogenannten Gesamtstrafe verurteilt worden, müsse das Gericht die nach neuem Recht nicht mehr relevante Betäubungsmittelstraftat nachträglich außer Betracht lassen und die Strafe mit neuer Begründung neu fassen.
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