Die Flucht aus der DDR hat nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen mindestens 429 Deutsche das Leben gekostet. Die Summe ergibt sich aus Zahlen, die das Forschungskonsortium „Eiserner Vorhang“ am Donnerstag in Berlin vorlegte. Demnach starben allein 193 DDR-Bürger bei Fluchtversuchen über die Ostblockstaaten (58) und über die Ostsee (135).
Schon 2017 war eine Untersuchung des Forschungsverbunds über die Todesopfer des DDR-Grenzregimes an der innerdeutschen Grenze vorgelegt worden. Demnach starben 133 Menschen an der innerdeutschen Grenze und 103 Menschen an der Berliner Mauer. Häufungen von tödlich geendeten Fluchtversuchen gab es laut neuen Forschungsergebnissen 1962 in der Ostsee und 1989 in den Ostblockstaaten.
Zu dem vom Bundesbildungsministerium unterstützten Forschungskonsortium gehören der Forschungsverbund SED-Staat an der Freien Universität Berlin sowie Partner der Universitäten Greifswald und Potsdam. Untersucht wurden zwischen November 2018 und Februar 2023 Todesfälle von DDR-Bürgern bei Fluchtversuchen über Ostblockstaaten und über die Ostsee. Analysiert wurde auch die Rechtsbeugung des DDR-Justizministeriums gegen Ausreisewillige.
Der Forschungsverbund SED-Staat erforscht seit 1992 die Geschichte der DDR sowie den Transformationsprozess nach der Wiedervereinigung. Für die neue Untersuchung zu Todesopfern an Grenzen außerhalb der DDR waren Archive in den früheren Ostblockstaaten Bulgarien, Rumänien, Ungarn, der Tschechoslowakei und Polen sowie Österreichs und Jugoslawiens unter die Lupe genommen worden.