In Niedersachsen weitet sich der Protest gegen die von den Bundesländern eingeführte Bezahlkarte für Flüchtlinge aus. Nach Angaben des Niedersächsischen Flüchtlingsrates vom Donnerstag haben mehr als 50 Organisationen eine Erklärung unterzeichnet, mit der die Landesregierung zur Rücknahme der „diskriminierenden Bezahlkarte“ aufgefordert wird. Gleichzeitig würden die in vielen Orten laufenden Umtauschaktionen unterstützt, mit denen Geflüchtete und ihre Unterstützer die für die Karte geltende Obergrenze für das Abheben von Bargeld umgehen.
„Dass innerhalb kurzer Zeit so viele Organisationen und Initiativen die Erklärung mittragen, während gleichzeitig überall in Niedersachsen Umtauschinitiativen entstehen, ist ein ermutigendes Zeichen der Solidarität an die Geflüchteten“, sagte Sigmar Walbrecht vom Flüchtlingsrat. „Es zeigt, dass viele Menschen nicht einverstanden sind mit der fortgesetzten Entrechtung Geflüchteter und bereit sind, Menschenrecht zu verteidigen.“
Die Kritik richtet sich vor allem gegen die Regelung, dass die Nutzer mit der Karte nur 50 Euro an Bargeld abheben können. Dadurch werde der Kauf bestimmter Waren und Dienstleistungen unmöglich. Die Landesregierung breche damit ihr Versprechen, Rassismus mit aller Kraft zu bekämpfen und Geflüchteten ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.
Niedersachsen hatte die Bezahlkarte wie auch andere Bundesländer im Dezember eingeführt und zunächst in den Unterkünften der Landesaufnahmebehörde verteilt. Nach und nach soll sie auch in den Kommunen ausgegeben werden. Mit der Karte können die Nutzer kostenfrei in Geschäften oder Supermärkten bezahlen. Ihre Sozialleistungen von bis zu 441 Euro werden von den Behörden zuvor aufgebucht. Die Bargeld-Obergrenze von 50 Euro soll dazu dienen, Geldtransfers in Herkunftsstaaten und an Schlepper zu unterbinden.
Bei den Umtauschaktionen erwerben Geflüchtete mit der Karte Gutscheine in Supermärkten oder Drogerien. Diese tauschen sie bei Unterstützern in Bargeld um, die dann wiederum mit den Gutscheinen einkaufen. Solche Tauschbörsen gibt es inzwischen landesweit. Laut Flüchtlingsrat ist diese Praxis nicht rechtswidrig.