Für ausländische Journalisten war ein Interview mit Adolf Hitler ein Höhepunkt ihrer Karriere. Medienexperte Lutz Hachmeister widmet diesen Interviews ein ganzes Buch und hat einen guten Ratschlag parat.
Journalistische Interviews mit Diktatoren und Autokraten ergeben wenig Sinn. Zu diesem Schluss kommt der Ende August verstorbene Medienexperte und Journalistik-Professor Lutz Hachmeister in seinem am Donnerstag in Köln erschienen Buch “Hitlers Interviews. Der Diktator und die Journalisten”. Man müsse sich fragen, ob nicht der Propagandagewinn für den Diktator größer sei als alle kurzfristigen Nachrichtenwerte und exklusive, sensationelle Meldungen, so der Autor.
In seinem Buch widmet Hachmeister den Diktatoren-Interviews nach dem Zweiten Weltkrieg ein eigenes Kapitel. Diese Interviews können seiner Meinung nach sehr schnell schief gehen. Eine gute und inhaltlich intensive Vorbereitung sei für die Journalisten von größter Wichtigkeit, damit sie nicht vorgeführt würden.
Als positives Beispiel führt er das Interview auf, dass die italienische Journalistin Oriana Fallaci 1979 mit dem iranischen Revolutionsführer Ayatollah Khomeini führte. Es sei “ein bemerkenswertes Dokument journalistischer Integrität und eines kompetenten und kompromisslosen Journalismus, ein bis heute gültiger großer Moment in der Geschichte”. Hachmeister führt das auf Fallacis hartnäckige Unerschrockenheit und ihre ausgezeichnete Vorbereitung zurück.
Schlimmer als gescheiterte Interviews mit Diktatoren sind nach Ansicht von Hachmeister Interviews, bei denen sich die Journalisten zum “unkritischen Erfüllungsgehilfen ihrer Gesprächspartner” machen. Dazu zählte Hachmeister das Interview, dass der US-amerikanische Journalist Tucker Carlson im Februar diesen Jahres mit dem russischen Regierungschef Wladimir Putin führte. Es wurde im Nachgang sowohl von Journalisten wie auch Politikern kritisiert, weil Carlson weder kritisch nachfragte noch offensichtliche Unwahrheiten, die Putin äußerte, ansprach.
Der Journalist Hachmeister stellt grundsätzlich Interviews mit dem russischen Regierungschef in Frage, “nach all dem, was man über ihn zur Genüge weiß”. Für ihn sei es ein Zeichen des Respekts gegenüber der ermordeten Journalistin Anna Politkovskaja und andere kontinuierlich auf der Todesliste stehenden Regimekritiker, nicht noch einmal um ein Gespräch mit Putin nachzusuchen.