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Martha, Käthe und Maria im Fokus

Ein Foto zeigt das Ehepaar Liebermann auf dem Balkon ihrer Stadtvilla am Pariser Platz. Daneben das Bild einer jungen Frau in weißem Kleid, die dunklen Haare hochgesteckt, in den Händen hält sie einen Sonnenschirm. Und schließlich das Foto eines kleinen Mädchens im Trägerrock unter der Rosen-Pergola im Garten am Wannsee. Die drei Abbildungen der wichtigsten Frauen im Leben des Malers Max Liebermann (1847-1935), die er zärtlich „meine Damen“ nannte, bilden den Auftakt zur Ausstellung in der Liebermann-Villa am Wannsee. Sie trägt den Titel „Im Fokus. Martha, Käthe und Maria“ und widmet sich den Frauen der Familie.

„Wir haben in den letzten Jahren immer wieder neue Details herausgefunden“, erklärt Lucy Wasensteiner, Direktorin der Liebermann-Villa: „Diese Neuentdeckungen präsentieren wir erstmals gebündelt in dieser Ausstellung.“ Mit 43 Exponaten, darunter Gemälde, Zeichnungen und Druckgrafiken, ergänzt durch Fotos und Dokumente, schildert sie Leben und Schicksal dieser drei Frauen.

Unzählige Male hatte der jüdische Berliner Malerfürst und Mitbegründer der Secession seine Ehefrau Martha (1857-1943), die Tochter Käthe (1885-1952) und das einzige Enkelkind Maria (1917 – 1995) gemalt. Viele Bilder entstanden als private Skizzen und Gemälde im Haus am Pariser Platz. Ein Ölbild von 1926 zeigt die Familie mit Dackel um einen runden Tisch im Kaminzimmer, der Maler selbst sitzt mit Malerkittel und Skizzenblock in der Mitte. In seinem Refugium am Wannsee bot der Garten ab 1909 Liebermanns bevorzugte Kulisse, 1924 malte er in „Birken am Wannseeufer“ Käthe mit der siebenjährigen Maria zwischen den Bäumen.

Martha Liebermanns Schicksal als Künstlergattin, die nach dem Tod ihres Mannes 1935 die Verfolgung der Nationalsozialisten erlebte und sich 1943 durch Freitod der Deportation entzog, ist vielfach erforscht. In den Bildern ihres Mannes ist sie der Ruhepol der Familie. Gern stellte er sie lesend oder passiv auf dem Sofa liegend dar, was sie beklagte. Den aufstrebenden Maler hatte die Tochter aus einer Berliner jüdischen Familie 1884 geheiratet, in den 1890er Jahren übernahm das Paar den Sitz der Liebermanns am Pariser Platz, ab 1909 bauten sie sich das Sommerhaus am Wannsee. Martha Liebermann war an Literatur und Theater interessiert, sie war eng mit der Schriftstellerin Auguste Hauschner befreundet, die sich mit sozialkritischen Themen befasste.

Die einzige Tochter Käthe, 1885 geboren, malte Max Liebermann in zahlreichen Porträts. Viele davon wurden nach dem Tod von Martha 1943 beschlagnahmt und sind verschollen. Zwei vermisste Porträts zeigt die Ausstellung in vergrößerten Abbildungen. Darauf ist Käthe als selbstbewusstes junges Mädchen zu sehen. Zahlreiche Briefe belegen ihre vielseitigen Interessen, als Jugendliche veranstaltete sie Bälle und Kostümfeste im Atelier des Vaters. 1915 heiratete sie den Politiker und Diplomaten Kurt Riezler, die gemeinsame Tochter kam 1917 zur Welt. Die Familie lebte zunächst in Berlin und besuchte häufig die Großeltern am Wannsee. 1928 zogen sie nach Frankfurt am Main, wo Kurt Riezler eine Professur an der Universität erhielt.

Maria, Jahrgang 1917, hing sehr an ihren Großeltern, wie Fotos und Gemälde belegen. Insbesondere die Großmutter Martha war für sie eine wichtige Bezugsperson. Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten änderte sich auch das Leben der Riezlers.1938 konnte die Familie nach Amerika fliehen. Versuche, Martha Liebermann nachzuholen, scheiterten. Mit der Kriegserklärung Deutschlands an die USA 1941 brach der Briefkontakt ab.

Viele Details zum Leben der Familie Riezler im Exil, werden hier erstmals präsentiert. Liebermanns Schwiegersohn Kurt Riezler nahm 1938 eine Professur an der New School for Social Research in New York an, die für zahlreiche Emigranten eine neue Perspektive bot.

Maria, die bei der Ausreise 21 Jahre alt war, hatte in Berlin ein Musikstudium aufgenommen. In New York nahm sie eine Ausbildung zur Rhythmik-Lehrerin an der „Dalcroze School“ auf, 1943 begann sie ein Studium am Bank Street College of Education als Kindergärtnerin. 1943 heiratete sie einen Studenten ihres Vaters, mit dem sie zwei Töchter bekam.

Über die frühen Jahre und die Familie in Berlin sprach sie lange Zeit wenig, dass sie die Großmutter Martha hatten zurücklassen müssen, blieb eine traumatische Erinnerung. Erst in den 1980er Jahren öffnete sie sich Nachfragen von Historikern aus Deutschland. Maria starb 1995, kurz vor der Gründung der Max-Liebermann-Gesellschaft, dem Träger des heutigen Museums Liebermann-Villa.