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Margot Käßmann predigt über Bild von Caspar David Friedrich

Margot Käßmann predigte im Greifswalder Dom über Caspar David Friedrichs Gemälde „Frau am Fenster“.

Margot Käßmann auf der Kanzel im Dom St. Nikolai Greifswald
Margot Käßmann auf der Kanzel im Dom St. Nikolai GreifswaldChristine Senkbeil

„Himmel zu malen ist für ihn wie Gottesdienst“, hat Caroline, geborene Bommer, über ihren Mann Caspar David Friedrich gesagt. „Wenn ich an der Ostsee stehe und in die Wolken schaue, dann kann ich es nachvollziehen“, sagte Margot Käßmann in ihrer Predigt in der Taufkirche des Künstlers, dem Greifswalder Dom.

Die ehemalige Landesbischöfin und Ratsvorsitzende der EKD war in der Predigtreihe zum Friedrich-Jahr zu Gast. Der voll besetzte Gottesdienst wurde umrahmt von Musik für Querflöte und Orgel, gespielt von Olga Zernaeva und Domorganist und Landeskirchenmusikdirektor Konja Voll. Käßmann betrachtete in ihrer Predigt Friedrichs Gemälde „Frau am Fenster“, auf dem eben jene Caroline abgebildet ist – von hinten, hinausblickend in die städtische Weite mit den Kirchtürmen.

"Frau am Fenster", Gemälde von Caspar David Friedrich, 1818-1822
"Frau am Fenster", Gemälde von Caspar David Friedrich, 1818-1822

„Wir blicken mit ihren Augen hinaus“ oder eben über sie hinweg in den Himmel. Durch das Fenster – ein Kreuz. Vielleicht ein sehnsuchtsvoller Blick, meint Käßmann, an der Seite eines Mannes, der dem Malen von Himmeln auch sehr viel mehr Zeit einräumte als seiner jungen Frau – die vielleicht mit ihm hinauswollte.

Käßmann: „Christsein ist nicht Weltflucht“

„Friedrich brachte auf die Leinwand, was Schleiermacher predigte“, sagte sie: die Vermittlung von Kultur und Religion. Denn neben Lehre und Moral gebe es auch Bild, Geschmack und Sehnsucht, den Sinn für die Unendlichkeit. „Sogar Protestanten dürfen etwas spüren“, scherzte Margot Käßmann.

Die Sehnsucht, die in Friedrichs Himmeln liegt, brauche es: „Sie stellt uns auf die Füße.“ Das bedeute Christsein für sie: Handeln. Haltung zeigen. Verantwortung tragen. Spiritualität und Handeln gehören zusammen. „Christsein ist nicht Weltflucht“, fasst sie auch mit Blick auf die Wahlen zusammen. „Sehnsucht speist sich aus dem Himmel und setzt sich um auf der Erde in unserem Handeln.“