Der Dorfkirchensommer jährt sich in diesem Jahr zum 20. Mal.
Von Cordula Möbius
Im Jahr 1995 machten sich vier Berliner Frauen neugierig in die märkischen Dörfer auf. Ute Gandow, Kerrin Gräfin von Schwerin, Kara Huber und Antje Leschonski besuchten Pfarrerinnen und Pfarrer, die ihnen ihre Dorfkirchen aufschlossen, Geschichten erzählten und von kulturellen und kirchlichen Veranstaltungen berichteten. Die Frauen kehrten fasziniert von den kulturellen Schätzen und der Vielfalt, die sie vorfanden, nach Berlin zurück. Diese Dorfkirchen wollten sie unterstützen und der Öffentlichkeit zugänglich machen. Die Idee, ein Programmheft zu gestalten, in dem die vielen Veranstaltungen gesammelt und allen Interessierten zur Verfügung gestellt werden, wurde geboren. Die Initiative wurde „Dorfkirchensommer in Brandenburg“ genannt. Das erste Heft erschien 1997 und führt seitdem jedes Jahr von Mai bis Oktober durch die Veranstaltungen. Über 250 hat das Dorfkirchensommerteam – Dagmar Gefaeller, Kara Huber, Antje Leschonski und Ilse Matiebel – in diesem Jahr zusammengetragen.Der Jubiläums-Dorfkirchensommer wird am 30. April um 14.30 Uhr in der Dorfkirche Dyrotz bei Wustermark mit einem Konzert des Saxophonquartetts „Düsenfischers Handarbeitszirkel“ eröffnet. Erwartet wird auch die Präsidentin des Brandenburgischen Landtags, Britta Stark, die Schirmherrin der Veranstaltungsreihe ist. Propst Christian Stäblein wird die Eröffnungsandacht halten. Bis Ende Oktober locken zahlreiche Lesungen, Konzerte, Ausstellungen, Sommerfeste und Gottesdienste Besucher aufs Land.So werden Kara und Wolfgang Huber am 29. Mai in der Kirche in Strubensee aus Theodor Fontanes „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ lesen. Die Autorin Jenny Erpenbeck wird am 21. August in der Dorfkirche Schenkendorf aus ihrem Buch „Gehen, ging, gegangen“, einem brandaktuellen Tatsachenroman zur Lage afrikanischer Flüchtlinge in Berlin, vortragen. Interessante Konzerte kann man zum Beispiel im Mai in der Dorfkirche Stolpe (14. Mai) und in der Klosterkapelle Chorin (16. Mai) erleben, wenn die Klezmerband „Harry’s Freilach“ aufspielt und das Männeroktett „Octavians“ zum A-capella-Konzert einlädt. Ein Höhepunkt wird auch in diesem Jahr wieder die Bustour sein, bei der es Ende Mai unter der Begleitung der Kunsthistorikerin Sibylle Badstübner-Gröger auf die Reise zu Dorfkirchen in Potsdam-Mittelmark und Teltow–Fläming sowie zu den Schlössern Blankensee und Genshagen geht. Der 20. Dorfkirchensommer endet am 31. Oktober mit einem „Lutherfest am Reformationstag“ in der Kunstkirche Hohenwerbig.„Der Reiz, Neues zu entdecken, hat über die Jahre hinweg nicht nachgelassen“, sagt Antje Leschonski, die das Continuum der Truppe ist und als Einzige seit 20 Jahren ununterbrochen am Dorfkirchensommer mitgearbeitet hat. „Ich bin noch immer überwältigt von der großen Vielfalt unserer Kirchen und von dem, was sie uns erzählen.“ Viele schöne Erinnerungen verbindet Antje Leschonski mit dem Dorfkirchensommer. Dazu zählen auch die Begegnungen mit dem verstorbenen Altbundespräsidenten Richard von Weizsäcker, der die Veranstaltungsreihe über viele Jahre mit seinen Lesungen begleitet hat. Auch wenn die Zusammensetzung des Dorfkirchensommer-Frauenquartetts über die Jahre hinweg etwas variiert hat, so ist doch der Enthusiasmus, mit dem die Frauen Veranstaltungen sammeln, anregen und auch organisieren, in den vergangenen zwanzig Jahren gleich geblieben. Und natürlich soll dies weiter so bleiben. Deshalb würde sich das derzeitige Team über neue Mitstreiterinnen und Mitstreiter freuen. Denn in den etwa 1400 Dorfkirchen Brandenburgs gibt es noch so manches Kleinod zu entdecken.