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Lobender Brief an den Papst – Rabbiner bleiben dennoch kritisch

Der Papst und eine Gruppe Rabbiner schreiben sich Briefe über den Gaza-Krieg und das jüdisch-katholische Verhältnis. Rund um das aktuelle Schreiben gibt es Ärger.

Ein Brief jüdischer Rabbiner an Papst Franziskus sorgt für Aufsehen. Auszüge aus dem freundlichen Schreiben brachte am Donnerstagabend die Vatikan-Zeitung “L’Osservatore Romano”. Auf der politischen Ebene hatte es kurz zuvor von israelischer Seite Kritik an Äußerungen des päpstlichen Chefdiplomaten Kardinal Pietro Parolin zum Gaza-Krieg gegeben.

Der lobende Brief der jüdischen Religionsvertreter an die Adresse des Papstes entstand bereits vor Parolins Äußerungen, wie die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) in Rom am Freitag erfuhr. Einer der Unterzeichner, Rabbiner Jehoschua Ahrens aus Bern, betonte, dass die Verfasser die Kritik Israels am Kardinalstaatssekretär teilen.

Dieser hatte am Dienstagabend nach einer Veranstaltung in Rom die Militäroperation Israels im Gazastreifen als unverhältnismäßig bezeichnet und von einem “Blutbad” gesprochen. Am Mittwoch wies Israels Botschaft am Heiligen Stuhl die Worte Parolins zurück: Allein die radikalislamische Hamas sei für Tod und Zerstörung im Gazastreifen verantwortlich; bei der Militäroperation würden im Vergleich zu anderen Kriegen weniger Zivilisten getötet.

Am Donnerstagabend berichtete der “Osservatore Romano” dann unter der Überschrift “Rabbiner und Akademiker danken dem Papst” über einen Brief an Franziskus. Das Schreiben liegt der KNA vor. Es datiert vom 12. Februar, also vor den Äußerungen Parolins, und ist eine Reaktion auf einen vorangegangenen Brief des Papstes an “die jüdischen Brüder und Schwestern in Israel”.

Die Rabbiner und jüdischen Akademiker zeigen sich in ihrem aktuellen Schreiben “bewegt” wegen der Nähe, die Papst Franziskus in seinem Brief gegenüber Jüdinnen und Juden zum Ausdruck bringe, und würdigen seine Verurteilung von Antisemitismus. Nichtsdestotrotz stimme die Gruppe “voll und ganz” der politischen Kritik an Parolin zu, sagte Rabbiner Ahrens der KNA.

“Grundsätzlich danken wir dem Papst für den Brief und auch für sein Solidaritätsbekenntnis”, sagte Mit-Verfasser Ahrens. Von dem Artikel des “Osservatore” zeigte er sich jedoch enttäuscht. Dieser erwecke den Eindruck, als gebe es zwei verschiedene jüdische Meinungen. “Die gibt es aber nicht.” Die Briefschreiber und die israelische Botschaft seien sich in ihrer Kritik an den Äußerungen Parolins einig. Die Rabbiner und Akademiker wünschten sich zudem eine klarere Haltung aus Rom: “Was ist jetzt eigentlich die Position des Vatikans?”, fragte Ahrens.