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Lauterbach startet Infokampagne zu elektronischer Patientenakte

Die elektronische Patientenakte soll das Gesundheitssystem in Deutschland wesentlich voranbringen. Im neuen Jahr erhält jeder Versicherte die Akte, die alle Informationen zur Krankengeschichte speichern soll.

Gut 100 Tage vor der Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) für alle startet das Bundesgesundheitsministerium eine Aufklärungskampagne. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erklärte am Montag in Berlin, die ePA bringe für alle Seiten wesentliche Vorteile. “Alle Gesundheitsdaten auf einen Blick zu haben, wird die Behandlung bei Ärzten, im Krankenhaus und im Notfall entscheidend verbessern.” Deutschland verzeichne viele Behandlungsfehler und schädliche Nebenwirkungen durch Medikamente, die darauf zurückgingen, dass es keine verlässlichen Informationen zur Krankengeschichte der Patienten gebe. Aber auch eine ermüdende Papierdokumentation entfalle zunehmend durch die ePA.

Im Rahmen der Aufklärungskampagne wird ein Infomobil durch Deutschland touren. In insgesamt neun Städten soll Bürgerinnen und Bürgern im Gespräch mit Fachleuten Gelegenheit gegeben werden, sich über das Großprojekt zur Digitalisierung des Gesundheitswesens zu informieren. Zeitgleich startet eine Infokampagne mit acht Motiven, die Vorteile der ePA in den Sozialen Medien, auf Flyern und Plakatwänden erklärt.

Lauterbach verwies auch darauf, dass die ePA neue Chancen für die Forschung eröffne, insbesondere für KI in der Medizin. Pseudonymisierte Daten aus der elektronischen Patientenakte sollen der Forschung zugänglich gemacht werden.

Ab Mitte Januar 2025 werden Versicherte in ausgewählten Modellregionen ihre elektronische Patientenakte automatisch erhalten. Mitte Februar soll die ePA dann im ganzen Bundesgebiet verfügbar sein. Künftig sollen Krankenhäuser, Ärzte, Apotheken und andere Gesundheitseinrichtungen die Akte mit medizinischen Daten der Patienten befüllen können.

Ziel der ePA ist es, wichtige Informationen zur Gesundheit des Patienten digital zu speichern, damit sich Ärztinnen und Ärzte im Notfall schnell einen Überblick über die Krankengeschichte verschaffen können. Auch sollen Doppeluntersuchungen und unerwünschte Arzneimittelnebenwirkungen vermieden werden, wie der Minister betonte. Dass Krankenberichte oder Röntgenbilder von Kliniken zu Arztpraxen gefaxt oder per Post geschickt werden müssen, soll der Vergangenheit angehören.

Die Patientinnen und Patienten selber haben Zugriff auf die Akte und sollen selbst entscheiden können, welcher Arzt Einblick in welche Informationen haben soll. Sie sollen der Einrichtung der Patientenakte für sie auch ausdrücklich widersprechen können.

Der Sozialverband VdK forderte am Montag eine barrierefreie ePA. “Schon jetzt ist klar, dass für viele der Anmeldeprozess, den es braucht, um seine Daten einsehen zu können, viel zu kompliziert ist”, sagte Präsidentin Verena Bentele. Menschen mit Behinderung, ältere Menschen und Menschen ohne Smartphone müssten gleichermaßen an ihre Gesundheitsdaten kommen und diese barrierefrei lesen können.

Aus Sicht der Krankenkasse AOK kann die Weiterentwicklung der elektronischen Patientenakte die Vernetzung im Gesundheitswesen voranbringen. Die Krankenkassen seien derzeit dabei, ihre Versicherten über die Vorteile der ePA und Regelungen zum Schutz ihrer sensiblen Gesundheitsdaten, aber auch über die vom Gesetzgeber vorgesehene Widerspruchs-Möglichkeit zu informieren, sagte die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung begrüßte die Einführung. Zugleich äußerte Vorstandsmitglied Sibylle Steiner die Sorge, dass lediglich eine Erprobungsphase von vier Wochen in den Modellregionen vorgesehen sei. “In dieser kurzen Zeit müssen Fehler erkannt und behoben werden. Das ist aus unserer Sicht eine große Herausforderung.” Offen sei auch, ob die verwendeten Computerprogramme in den Praxen “ePA-fit” seien.

Die Deutsche Stiftung Patientenschutz kritisierte, chronisch Kranke, Alte und Pflegebedürftige profitierten nicht von der elektronischen Patientenakte. “Gerade für diese Patientengruppe wäre es wichtig, wenn alle Altbefunde automatisch vorhanden wären”, sagte Vorstand Eugen Brysch. “Doch das ist nicht vorgesehen.”