Für eine gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen haben sich am Mittwoch alle Fraktionen im nordrhein-westfälischen Landtag in Düsseldorf ausgesprochen. Der Standard der Hilfen und Einrichtungen für Menschen mit schweren körperlichen oder geistigen Einschränkungen in NRW sei im Vergleich zu anderen Bundesländern sehr gut, sagte NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU). Mehrere Abgeordnete wiesen auch auf Defizite auf dem Weg zur Inklusion hin.
Die Debatte über die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen ging auf eine Große Anfrage der SPD-Landtagsfraktion zurück. Darin hatte die SPD Auskünfte zur Lage behinderter Menschen unter anderem auf dem Arbeitsmarkt, in der Gesundheitsversorgung, in Kitas, Schulen und beim Wohnen erbeten. Weitere Fragen wurden zum Beispiel zum Thema Gewalt gegen Menschen mit Behinderung oder zur politischen Teilhabe gestellt.
Laut der Antwort der schwarz-grünen Landesregierung leben in NRW rund 2,3 Millionen Menschen, die nach dem Sozialgesetzbuch als schwerbehindert eingestuft werden. Sie seien also „keine Randgruppe“, erklärte die SPD-Abgeordnete Silvia Gosewinkel. Das Ziel einer gleichberechtigten Teilhabe liege jedoch „noch in weiter Ferne“. So fehlten in Kitas und Schulen oft spezialisierte Maßnahmen und Personal für inklusive Betreuung beziehungsweise Unterricht. Auch im Gesundheitssystem laufe die Anpassung etwa durch barrierefreie Arztpraxen nur langsam.
Die Landesregierung bezeichnete in ihrer Antwort die berufliche Inklusion von Menschen mit Behinderungen als ihr „besonderes Anliegen“. Angesichts eines zunehmenden Fach- und Arbeitskräftemangels könne auch die Beschäftigung von Menschen mit Handicap ein Lösungsansatz sein. Für einen inklusiven Arbeitsmarkt sei die Bereitschaft zu einem „weitgehenden Umdenken“ in Gesellschaft, Wirtschaft und bei Arbeitgebern erforderlich.
Sozialminister Laumann erklärte, er sei mit den Übergangsquoten aus Werkstätten für Menschen mit Behinderungen in den ersten Arbeitsmarkt nicht zufrieden. Der Statistik zufolge arbeiteten 2022 rund 72.000 Menschen in den Werkstätten. In den letzten zehn Jahren schafften demnach jeweils zwischen 180 und 270 dieser Beschäftigten den Sprung in ein reguläres Arbeitsverhältnis. Dennoch seien die Werkstätten für viele ein guter Ort, sagte der Minister. Eltern behinderter Frauen und Männer könnten sich auf diese Einrichtungen verlassen, „auch wenn sie selbst eines Tages nicht mehr da sind“.