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Landtagspräsidentin Aras: Bis zum Erinnern hat es lange gedauert

Am heutigen Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus hat Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne) auf den langen Weg zum Erinnern verwiesen. Viele hätten die Vergangenheit nie oder nicht mehr kennen wollen, sagte sie laut Redemanuskript bei der Gedenkstunde im Landtag von Baden-Württemberg. Der Weg des Erinnerns sei von denen gemieden worden, „die wegschauten, weghörten, schwiegen, ignorierten“. Und er sei blockiert worden „von denen, die logen, relativierten, einen Schlussstrich forderten“.

Die rechtliche Aufarbeitung, so Aras, sei „beschämend lückenhaft“ gewesen. Menschen, die nach dem Krieg Sühne und Gerechtigkeit für sich und andere suchten, hätten jahrzehntelang im politischen Gegenwind gestanden. „Bis es zum Erinnern kam, hat es lange gedauert.“ Heute sei das Erinnerte lange her. Umfragen zeigten, dass das Wissen zurückgehe: „Junge Befragte wissen immer weniger vom Holocaust, von der Schoah.“ Der Weg des Erinnerns müsse aber immer wieder gegangen werden. „Sonst wuchert er zu.“

Genau 80 Jahre nach der Befreiung des KZ Auschwitz-Birkenau durch sowjetische Soldaten erinnerte Aras an die Vielzahl der Opfer der „menschenverachtenden Mordmaschinerie der NS-Zeit“. „Wir gedenken der sechs Millionen ermordeten Jüdinnen und Juden. Wir gedenken der bis zu 500.000 ermordeten Sinti und Roma. Wir gedenken der ermordeten Zeugen Jehovas. Wir gedenken der ermordeten Menschen mit Behinderung. Wir gedenken der ermordeten queeren Menschen. Wir gedenken der ermordeten Menschen, die als “asozial„ beschimpft und herabgesetzt wurden. Wir gedenken der ermordeten Kriegsdienstverweigerer. Wir gedenken der ermordeten Oppositionellen. Wir gedenken der ermordeten Menschen aus dem aktiven und passiven Widerstand.“

Zum einen gehe es darum, an die Würde der Opfer zu erinnern. Aber auch darum, zu „begreifen, wozu Menschen fähig sind, wenn man dem Hass und der Herzlosigkeit nicht Einhalt gebietet“, solange es noch möglich sei. Aras zitierte dazu den Schriftsteller Erich Kästner: „Die Ereignisse von 1933 bis 1945 hätten spätestens 1928 bekämpft werden müssen. Später war es zu spät.“ (0187/27.01.2025)