Kaum ist der Tempelberg nach dem Ramadan wieder für nichtmuslimische Besuche geöffnet, erklimmt der rechtsradikale israelische Minister Itamar Ben-Gvir die heilige Stätte. Und sorgt auch in den eigenen Reihen für Kritik.
Der Besuch des rechtsradikalen israelischen Sicherheitsministers Itamar Ben-Gvir auf dem Jerusalemer Tempelberg hat am Mittwoch für Kritik im In- und Ausland gesorgt. Der Gang zum Tempelberg sei “kein Zeichen von Souveränität, sondern stellt im Gegenteil eine Entweihung der Heiligkeit dar und schürt unnötig die Stimmung in der muslimischen Welt”, sagte der Abgeordnete der strengreligiös-jüdischen Koalitionspartei “Vereintes Torah-Judentum”, Mosche Gafni, laut israelischen Medien.
Die Besteigung sei ein “Angriff auf den heiligsten Ort der jüdischen Nation”, gegen den sich alle großen Rabbiner ausgesprochen hätten, argumentierte Gafni. Die meisten Rabbiner, darunter das Oberrabbinat des Landes, verbieten das Betreten der Stätte. Begründet wird dies mit der Ehrfurcht vor dem Allerheiligsten, dem wichtigsten Bereich des früheren Tempels, der nur vom Hohepriester betreten werden durfte. Da niemand dessen genauen Ort kenne, könne aus Versehen im Zustand der rituellen Unreinheit heiliger Boden betreten werden.
Das jordanische Außenministerium verurteilte den Besuch Ben-Gvirs an der drittheiligsten Stätte des Islams ebenfalls. In einer Erklärung von Mittwoch sprach es laut der staatlichen jordanischen Nachrichtenagentur “Petra” von einer “Verletzung der Heiligkeit der Al-Aksa-Moschee und des etablierten historischen und rechtlichen Status quo”. Der Vorfall sei eine vorsätzliche Provokation und gefährliche Eskalation. Dem Königreich Jordanien untersteht die Waqf-Behörde, die die Aufsicht über die heiligen islamischen Stätten auf dem Tempelberg ausübt.
Der Tempelberg ist für Juden, Muslime und Christen ein wichtiger heiliger Ort. Bis zur Zerstörung durch die Römer im Jahr 70 befand sich an dieser Stelle der jüdische Tempel, das zentrale Heiligtum Israels. Zahlreiche biblische und religiöse Überlieferungen wie die Erschaffung Adams und Evas, die Opferung Isaaks oder aufseiten des Islams die Himmelsreise Mohammeds sind mit dem Ort verbunden. Der geltende Status Quo gestattet Nichtmuslimen den Besuch, das öffentliche Gebet auf dem Tempelberg ist aber Muslimen vorbehalten.