Der Vorsitzende der Berliner jüdischen Gemeinde, Gideon Joffe, steht nach Vorwürfen gegen SPD-Landeschef Raed Saleh in der Kritik. Andere jüdische Stimmen, darunter der Berliner Rabbiner Yehuda Teichtal, verteidigten Saleh am Mittwoch hingegen als Unterstützer jüdischen Lebens. Joffe hatte Saleh zuvor im Berliner „Tagesspiegel“ (online, Dienstag) ein „ohrenbetäubendes Schweigen“ zum Angriff der islamistischen Terrororganisation Hamas auf Israel vorgeworfen und dessen Rückzug aus dem Kuratorium für den Wiederaufbau der historischen Synagoge am Fraenkelufer in Berlin-Kreuzberg gefordert.
Joffe warf Saleh vor, bisher „seine Solidarität mit den Opfern des bestialischen Massakers nicht zum Ausdruck gebracht“ zu haben. Es sei nicht möglich, die von den Nazis ermordeten Juden durch den Wiederaufbau der Synagoge zu ehren, „wenn man zugleich zu den von den Islamisten ermordeten Juden schweigt“. Die jüdische Gemeinde beende deshalb die Zusammenarbeit mit ihm beim Wiederaufbau der Synagoge.
Saleh sagte dazu der Zeitung „Jüdische Allgemeine“ (online), die Kritik habe ihn sehr getroffen. Er habe sich stets klar gegen jede Form von Antisemitismus positioniert und verurteile selbstverständlich den Hamas-Angriff auf Israel. Der SPD-Politiker gehört zu den Unterstützern des Wiederaufbaus der Synagoge am Fraenkelufer, war Initiator der Vereinsgründung 2018 für ein jüdisches Zentrum an dem Ort und ist nach eigenen Angaben Vorsitzender des Kuratoriums.
Rabbiner Teichtal sagte der „Jüdischen Allgemeinen“, Saleh habe sich unter anderem nach dem Terrorangriff für bessere Antisemitismusprävention eingesetzt. Der SPD-Politiker sei „ein echter Unterstützer von jüdischem Leben in Berlin“. Teichtal ist Mitbegründer der Chabad-Lubawitsch-Gemeinschaft Berlin und Vorstandsvorsitzender und des von Chabad errichteten Jüdischen Campus in Berlin.
Die jüdisch-orthodoxe Kahal Adass Jisroel-Gemeinde erklärte im Internetdienst X, vormals Twitter, ihren Dank an Raed Saleh. „Wir schätzen seine Bemühungen, die jüdische Gemeinschaft in Berlin zu stärken und ein Klima der Toleranz zu fördern“, hieß es dort. Sein Engagement gegen Antisemitismus und für die Erhöhung entsprechender Mittel sei besonders lobenswert. „Wir erkennen seine wichtigen Beiträge zu einem blühenden, sicheren und sichtbaren jüdischen Leben in unserer Stadt an“, betonte die Gemeinde.
Aus dem Verein Jüdisches Zentrum Synagoge Fraenkelufer kamen Forderungen nach einem Rückzug Joffes aus dem Kuratorium. Der Vereinsvorsitzende Dekel Peretz sagte der „Jüdischen Allgemeinen“, Salehs Einsatz für jüdisches Leben sei „beispiellos und erregt weltweit Respekt“. Der SPD-Politiker meine es ernst mit seinem Engagement für die Synagoge. Vorstand und Kuratorium des Vereins könnten Joffes Kritik nicht nachvollziehen. Die Zeitung zitiert Peretz mit den Worten: „Wir würden den Rücktritt von Herrn Joffe aus dem Kuratorium begrüßen.“