Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat die Kirchen dazu aufgerufen, „mutiger und reformfreudiger“ zu werden. „Ein paar kosmetische Änderungen und ein ‘weiter so’ wird nicht reichen“, sagte er am Samstagabend beim Empfang der evangelischen Landeskirchen in Baden-Württemberg und der Landesregierung von Baden-Württemberg in Ulm zum Auftakt der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
Die Kirchen seien lange Zeit Volkskirchen gewesen, doch nun würden sie wegen sinkender Mitgliederzahlen bald „eine Kirche im Volk“ sein und damit Teil einer Gesellschaft, die nicht mehr selbstverständlich mit Christlichem umgehe. Das erfordere ein Umdenken. Deshalb müssten die Kirchen wieder existenzieller werden: Ihre elementare Frage müsse sein: „Warum und wie soll ein Mensch heute noch an Gott glauben?“ Es gehe um nicht weniger als darum, dass Christen zeitgemäß von der Hoffnung reden, die sie erfüllt. Dazu brauche es in der Kirche niederschwellige gottesdienstliche Angebote und eine Experimentierfreudigkeit, aber auch bewährte Formen und Angebote müssten erhalten bleiben.
Die Gesellschaft stehe vor großen Herausforderungen, wie dem Kampf gegen den Klimawandel und der Digitalisierung. Die Kirche könnte in den vielfältigen Umbrüchen zeigen, wie es möglich ist, auch in Krisen zuversichtlich und mutig zu handeln. „Kirchen sind Glaubensgemeinschaften, keine Partei oder NGO“, deshalb könne der Glaube der unverwechselbare Beitrag der Kirchen für die Gesellschaft sein, sagte der baden-württembergische Ministerpräsident.
Die Bischöfin der Evangelischen Landeskirche in Baden, Heike Springhart, sagte bei der Begrüßung, die Kirchen in Baden-Württemberg seien froh, dass sie mit dem Ministerpräsidenten im vertrauensvollen Gespräch seien und er immer wieder sehr deutlich seine Erwartungen an Kirche formuliere: „Die großen Themen unserer Tage verbinden uns und sind unsere gemeinsame Aufgabe in den Kirchen und in der Politik: Die Suche nach Wegen, dass die Risse in der Gesellschaft nicht zu dauerhaften Brüchen werden“, so Springhart.
Die Präses der EKD-Synode, Anna-Nicole Heinrich, sagte in ihrem Grußwort, gerade in Zeiten wie diesen sei es wichtiger denn je, dass gläubige Menschen die Möglichkeiten nutzen, die sie haben, um Hoffnung in die Welt zu bringen. Mit diesem Thema beschäftige sich auch die EKD-Synode auf ihrer Tagung in Ulm.