Artikel teilen:

Kopf-an-Kopf-Rennen vor Stichwahl in Argentinien

Bei der Stichwahl ums Präsidentenamt in Argentinien stehen der libertäre Ökonom Javier Milei und der links-peronistische Wirtschaftsminister Sergio Massa zur Wahl. Am Sonntag wird sich die Zukunft des Landes entscheiden.

Beim offiziellen Wahlkampfabschluss in Argentinien suchten die beiden Gegner noch einmal das Bad in der Menge. Der marktliberale Ökonom Javier Milei versammelte mehrere Tausend Anhänger seiner Bewegung “La Libertad Avanza” in Cordoba bei einem Rockkonzert. Die Bilder des Abends hatten vor allem eine Botschaft: Das libertäre und das konservative Lager stehen geschlossen hinter Milei. Die konservative Ex-Kandidatin Patrica Bullrich, als Drittplatzierte beim ersten Durchgang der Präsidentschaftswahlen ausgeschieden, griff die regierenden Peronisten scharf an.

Auch der leicht favorisierte Kandidat des links-peronistischen Regierungslagers Sergio Massa (Union por la Patria) sandte mit seiner Abschlussveranstaltung eine Botschaft. Umgeben von Hunderten jungen Argentiniern im Colegio Carlos Pellegrini wollte er das Signal setzen: Die Jugend steht hinter dem Peronismus.

Damit geht ein monatelanger Wahlkampf zu Ende, der mit den parteiinternen Vorwahlen im August begann, dann mit dem ersten Durchgang der Präsidentschaftswahlen im Oktober fortgesetzt wurde und nun in der Stichwahl zwischen zwei Kandidaten mündet, deren wirtschaftspolitische Ansätze nicht unterschiedlicher sein könnten. Milei will den Staat radikal verschlanken, die Wirtschaft deregulieren, den Peso durch den Dollar ersetzen. In einem Werbespot unmittelbar vor dem Urnengang stellte er auch klar, was er nicht will: das Bildungs- und Gesundheitswesen privatisieren. Sergio Massa steht für moderatere Reformen, er will das bestehende System fortführen und anpassen. Er gilt als der Kandidat der Gewerkschaften und der Zivilgesellschaft.

Eine Stunde vor Wahlkampfabschluss meldeten sich die populären Armenpriester noch einmal in einer Stellungnahme zu Wort. “Wir schreiben niemandem vor, wen er zu wählen hat. Jeder wählt frei”, heißt es in dem Schreiben, das der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) vorliegt. Doch die Wahlempfehlung ist eindeutig: “Wir, die Priester der Elendsviertel des Landes, bringen unsere große Besorgnis über die Gefahr eines möglichen Triumphs des Kandidatenduos von La Libertad Avanza bei den nächsten Wahlen zum Ausdruck.”

Deren Kandidaten Javier Milei und Victoria Villarruel, die das Amt der Vizepräsidentin anstrebt, hätten mit gewalttätigen Reden Papst Franziskus angegriffen, die Armen verachtet, die Abschaffung des Staates gefordert und die Demokratie gefährdet. Milei hatte dem Papst vorgeworfen, sich nicht klar genug von den Linksdiktaturen in Lateinamerika zu distanzieren; Franziskus warnte in einem TV-Interview wiederum vor “messianischen Clowns”, die ihn an den Rattenfänger von Hameln erinnerten, ohne Milei namentlich zu nennen.

“Die Ärmsten unseres Volkes brauchen ein öffentliches Gesundheits- und Bildungswesen, Hilfe gegen die Geißel der Drogen, die soziale und städtische Integration der Arbeiterviertel und die Ruhe einer gefestigten Demokratie”, forderten die Armenpriester. Unterzeichnet haben den Aufruf mehr als 30 Geistliche.

Die Kirche spielt in diesem Wahlkampf eine besondere Rolle. Immer wieder wurde auch ein möglicher Besuch von Papst Franziskus in seinem Heimatland 2024 mit dem Ausgang der Wahlen in Verbindung gebracht. Während Armenpriester Francisco Olveira versprach: “Wenn Massa gewinnt, kommt der Papst”, waren die Bischöfe zurückhaltender. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bischof Oscar Ojea, blickt schon auf die Zeit nach dem Ende eines Wahlkampfes, der einen tiefen Graben hinterlassen habe. Er hoffe, dass ein Besuch des Papstes “uns helfen wird, Wunden zu heilen, im Lernen des Dialogs zu wachsen und uns im missionarischen Geist zu erneuern und so in der Lage zu sein, einen großzügigen Tisch zu decken, an dem Platz für alle ist”.

Die Umfragen sehen vor der Stichwahl beide Kandidaten mit Siegchancen. Das Land wird derzeit von einer schweren Wirtschaftskrise mit einer Inflation von 140 Prozent und einer Armutsrate von 40 Prozent erschüttert. Der Gewinner würde dann Franziskus als neues Staatsoberhaupt bei dessen erstem Besuch in seiner Heimat empfangen.