Die evangelische Kirche wird nach Einschätzung der pfälzischen Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst die zukünftigen großen Herausforderungen nur dann meistern, wenn sie stets die Menschen und den göttlichen Auftrag im Blick behält. Vor allem das Thema sexualisierte Gewalt sei „eine enorme Anfrage an Glaube und Kirche“, sagte Wüst am Mittwoch in Bad Dürkheim in ihrem Bericht vor der bis Samstag tagenden Landessynode der Evangelischen Kirche der Pfalz. Der Missbrauchsskandal biete die Chance, „aufrichtiger, empathischer, sensibler und wahrhaftiger Kirche zu sein“.
Der Umgang mit sexualisierter Gewalt sei „ein Kernthema und ein Kernproblem kirchlichen Denkens, Handelns und Seins“, sagte die Kirchenpräsidentin in Bezug auf die im Januar veröffentlichte „ForuM“-Studie der evangelischen Kirche. Das Thema betreffe ausnahmslos alle Menschen und Arbeitsfelder in der Kirche und lasse sich nicht durch die Kirchenleitung „erledigen“. Wüst ist auch Sprecherin der kirchlichen Beauftragten im Beteiligungsforum der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Darin beraten Betroffene und Kirchenvertreter gemeinsam über die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen und die Konsequenzen.
Angesichts der jüngsten Attacken auf Politikerinnen und Politiker warnte Wüst vor „einer schleichenden Klimaveränderung, die den gesellschaftlichen Frieden unterhöhlt“. Sie rief zu einer achtungsvollen Gesprächskultur auf. Für die Kommunal- und Europawahlen am Sonntag wünsche sie sich eine starke Wahlbeteiligung, sagte Wüst. Das Wahlrecht sei ein Grundpfeiler von Demokratie, es gehe um eine menschenwürdige Politik und ein starkes und geeintes Europa.
Migranten, Flüchtlingen und Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine müsse in christlicher Nächstenliebe geholfen werden, appellierte die Kirchenpräsidentin. „Vor Gott ist jeder einzelne, der an unsere Tür klopft, ein Menschenkind auf der Suche nach freundlicher Herberge.“ Im Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern stehe die Kirche konsequent auf der Seite aller Opfer.
Die Synode der Pfälzer Kirche ist als kirchliche Volksvertretung auf sechs Jahre gewählt, ihr gehören 57 Personen an. Das Gremium trifft wesentliche Entscheidungen in geistlichen, rechtlichen und finanziellen Belangen der Landeskirche mit ihren mehr als 443.000 Mitgliedern.