Immer wieder dringt Papst Franziskus auf ein Ende des Ukraine-Kriegs und schickt seinen Sonderbeauftragten, Kardinal Zuppi, auf Friedensmissionen nach Moskau und Kiew. Aber kann der Vatikan überhaupt etwas ausrichten?
Die katholische Theologin und Ostkirchenexpertin Regina Elsner glaubt nicht, dass der Vatikan eine große Chance hat, als Vermittler im Ukraine-Krieg zu mehr Frieden beizutragen. Auch der jüngste Besuch von Präsident Wolodymyr Selenskyj bei Papst Franziskus habe wieder einmal gezeigt, “dass beide eigentlich einander vorbei reden” und dass die Ukraine und der Vatikan “eine sehr problematische Beziehung” haben, sagte sie am Dienstag im Deutschlandfunk.
Lediglich in humanitären Fragen könne der Vatikan Positives bewirken, fügte sie hinzu – etwa wenn es um Gefangenenaustausch gehe oder um die Rückführung deportierter Kinder aus Russland: “Ich glaube, da hat der Vatikan durchaus auch Einfluss.” Hier zeigten auch die Bemühungen des päpstlichen Sondergesandten für Frieden in der Ukraine, Kardinal Matteo Zuppi, einige Erfolge. Zuppi war am Montag erneut zu Gesprächen über humanitäre Fragen in Moskau.
Die Erwartung, dass der Vatikan sicherheitspolitisch an irgendeiner Stelle Einfluss habe, halte sie aber für falsch, so Elsner weiter: “Aber das wird natürlich auch in der Kommunikation dadurch immer ein bisschen schief, dass der Vatikan davon spricht, dass er Vermittler sein will, dass er Friedensinitiativen unterstützt.”
Der Vatikan, so Elsner weiter, sei weiterhin der Meinung, dass man keinen Frieden ohne Verhandlungen mit Moskau erreichen könne. Das sei “grundsätzlich auch nicht ganz falsch”, aber man gehe hier “nach wie vor nicht deutlich kritisch” mit Moskau ins Gespräch. Stattdessen wirke die Diplomatie des Vatikans “wie ein Anerkennen der Interessen Russlands in diesem Krieg und wie ein Entgegenkommen oder eine Besänftigung quasi des Gewalttäters. Und das ist höchst problematisch, vor allen Dingen in den Augen der Ukraine.”
Immer deutlicher werde, dass nicht nur der Vatikan, sondern auch der Ökumenische Rat der Kirchen nach wie vor “ein bisschen blauäugig” mit der eigenen problematischen Geschichte mit der russisch-orthodoxen Kirche umgehe, kritisierte die Ostkirchenexpertin weiter. Ohne eine ehrliche Aufarbeitung der eigenen Fehler und Fehleinschätzungen könne man aber nicht “zu einem ehrlichen und guten Verhältnis zur ukrainischen Orthodoxie und zu den ukrainischen Kirchen kommen”. Hier seien die Kirchen insgesamt seit Kriegsbeginn nicht wirklich vorangekommen. Und das schränke auch ihre Möglichkeiten ein, eine glaubhafte Vermittlerfunktion einnehmen zu können.