Nach dem versuchten Bruch eines Kirchenasyls in Bremen rufen der Flüchtlingsrat der Hansestadt und die betroffene Kirchengemeinde zu einer Kundgebung am Sonntag auf. In der Nacht zum Dienstag hatten Polizeikräfte versucht, das Kirchenasyl im evangelischen Zion-Gemeindezentrum aufzulösen, um einen 25-jährigen Somalier abzuschieben. Rund hundert Menschen hatten die Abschiebung unter Glockengeläut friedlich verhindert. Der Mann sei noch immer in akuter Gefahr, teilte der Flüchtlingsrat am Sonnabend mit.
Die Kundgebung ist um 12 Uhr am Leibnizplatz in der Neustadt geplant. Bereits um 11:30 Uhr wollten Teilnehmende die Zionsgemeinde dazu nach dem Gottesdienst abholen, hieß es. „Die letzten Tage haben gezeigt, dass Innensenator Mäurers harte Abschiebepraxis im eindeutigen Widerspruch zum zivilgesellschaftlichen Zusammenhalt in Bremen steht“, sagte Gundula Oerter vom Flüchtlingsrat. Pastor Thomas Lieberum sagte, „Innensenator Mäurer hat etwas erreicht, was er vermutlich nicht wollte, nämlich dass sich ganz viele Leute zusammengetan und für die Menschenrechte eingesetzt haben.“
Zwar ist nach Angaben der Kirchengemeinde in der Nacht zum Sonnabend die Überstellungsfrist nach dem Dublin-Verfahren ausgelaufen. Dennoch könne der Mann in den kommenden zwölf Monaten nicht wie erhofft ein Asylverfahren in Deutschland bekommen, schreibt Pastorin Birgit Locknikar auf der Internetseite der Gemeinde. Es sei denn, der Widerspruch seines Rechtsanwalts greife.
Laut der „Linken“ in Bremen hat das bremische Migrationsamt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) aufgefordert, die Überstellungsfrist nach Finnland um ein Jahr zu verlängern. Das BAMF hab diesem Antrag am Freitag stattgegeben. Auch die Linke ruft zur Beteiligung an der Kundgebung auf.
Die Landessprecherin der Partei Anna Fischer kritisierte das Vorgehen ihres Koalitionspartners: „Mindestens der Antrag auf Fristverlängerung geschah einzig durch die Initiative des Bremer Migrationsamts und widerspricht damit deutlich der humanitären Migrationspolitik, die die Bremer Koalition vereinbart hat und die in einer langen Bremischen Tradition steht.“
Mäurer hatte das Vorgehen der Kirchengemeinde kritisiert. Der leitende Theologe der Bremischen Evangelischen Kirche, Bernd Kuschnerus, und Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) hatten daraufhin vereinbart, dass es einen Dialog zwischen Kirche und Innenbehörde geben soll. Auch bundesweit steht das Kirchenasyl nach Angaben der Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche zunehmend unter Druck.