Auf dem Roten Sofa haben sich am Kirchentagssamstag die Präses der EKD-Synode, Anna-Nicole Heinrich, Kirchentagspräsidentin Anja Siegesmund und Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) einen Schlagabtausch zu Kirche und Politik geliefert. “Hier sind 70.000 Menschen auf dem Kirchentag, die Fragen haben. Diesen Fragen müssen wir uns stellen”, sagte Siegesmund. Es sei nicht möglich, als Kirchentag nicht politisch zu sein. “Kirche muss politisch sein, nicht parteipolitisch, aber politisch bei aktuellen Fragen”, betonte die Kirchentagspräsidentin.
Klöckner hatte sich zu Ostern in der “Bild am Sonntag” von den Kirchen mehr Sinnstiftung und weniger Stellungnahmen zu tagesaktuellen Themen gewünscht. Kirche werde austauschbar, wenn sie wie eine Nichtregierungsorganisation nur kommentiere und nicht mehr die grundsätzlichen Fragen von Leben und Tod im Blick habe, sagte die Politikerin, die katholische Theologin studiert hat. Diese Äußerungen sind auch bei Siegesmund und Heinrich auf scharfe Kritik gestoßen.
Corona: Klöckner kritisiert Kirche
Klöckner warf auf dem Roten Sofa die Frage nach dem Umgang der Kirchen in der Coronapandemie auf. “Ich weiß von einer Mutter, die nicht zur Konfirmation ihrer Tochter mitkommen durfte.” Sie habe sich in der Zeit mit der Politik Maßnahmen zum Schutz der Menschen überlegt. Die Kirchen seien teils weit über die Empfehlungen hinaus gegangen und hätten dabei die Menschen aus dem Blick verloren, sagte Klöckner. Anna-Nicole Heinrich nahm die Kritik an: “Ich hoffe, dass, wenn wir nochmal in so eine Situation kommen, wir menschennäher reagieren.”

Immer wieder kam Klöckner auf die sinkenden Mitgliederzahlen zu sprechen. “Die Menschen treten aus der Kirche aus. Warum?” Es gebe inzwischen in Deutschland mehr konfessionslose als konfessionell gebundene Menschen. Die Kirchen müssten sich mehr darum bemühen herauszufinden, woher diese Entwicklung komme. Heinrich entgegnete, dass bekannt sei, warum Menschen aus der Kirche austreten. “Politische Statements sind ein ganz geringer Anteil.” Die Kirchenmitgliedsuntersuchung zeige sogar deutlich: “Die Menschen erwarten, dass Kirche denen eine Stimme gibt, die keine haben.”