Die Stellvertreterin des württembergischen evangelischen Landesbischofs, die Ulmer Regionalbischöfin Gabriele Wulz, hat Menschen in der Kirche dazu aufgerufen, sich entschieden gegen sexuellen Missbrauch zu engagieren. Am Umgang mit dem Thema sexualisierte Gewalt und mit betroffenen Menschen entscheide sich, „wo wir und wie wir Kirche sind“, sagte Wulz am Freitag vor der in Stuttgart tagenden Landessynode. Viele in der Kirche seien bereits genervt von dem Thema, andererseits zeigten Vorkommnisse und Fälle, dass bei der „Klarheit der Abläufe noch Luft nach oben“ sei.
Ursula Kress von der württembergischen Fachstelle sexualisierte Gewalt wies darauf hin, dass es als Konsequenz aus den bekanntgewordenen Missbrauchsfällen intensive Weiterbildungen gegeben habe. An einem Schutztraining im Netz hätten knapp 3.000 Menschen teilgenommen. Alle Pfarrerinnen und Pfarrer im Gemeindedienst seien sensibilisiert worden, etwa durch die Vermittlung von Basiswissen in Dienstbesprechungen. Auch in Vikarskursen und in der Aufbauausbildung für Diakoninnen und Diakone werde das Thema eingebunden.
Stefan Werner, Direktor des württembergischen Oberkirchenrats und Mitglied im Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), erinnerte an die Beschlüsse der jüngsten EKD-Synode in Würzburg zum Umgang mit der ForuM-Studie. Laut dieser im Januar veröffentlichten Studie wurden deutschlandweit seit 1946 mindestens 2.225 Menschen in der evangelischen Kirche und der Diakonie missbraucht, hauptsächlich Kinder und Jugendliche. Das zwölf Punkte umfassende Papier der EKD-Synode sieht unter anderem vor, für Betroffene ein „Recht auf Aufarbeitung“ zu schaffen und eine zentrale Ombudsstelle einzurichten.
Der Vorsitzende des Theologischen Ausschusses der Synode, Hellger Koepff, forderte eine Überarbeitung des kirchlichen Seelsorgegeheimnisgesetzes. Es müsse sichergestellt werden, dass Täterinnen und Täter im kirchlichen Dienst das Seelsorgeheimnis nicht missbrauchen könnten, um sich selbst zu schützen. Das Thema soll im kommenden Jahr auf die Tagesordnung der Synode kommen. (2707/29.11.2024)