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Kiez und Kirche im Containerstyle

Kirchentag in Dortmund: Die Evangelische Jugend Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz baut auf dem Fredenbaumplatz in Dortmund eine Container Kiez Kirche. Den Artikel aus unserer Ausgabe 20/19 von Vivien Löpelmann gibt es nun vollständig online.

Kirchentag in Dortmund: Die Evangelische Jugend Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz baut auf dem Fredenbaumplatz in Dortmund eine Container Kiez Kirche.

Von Vivien Löpelmann

Wie kann man im urbanen Raum mobil und nachhaltig Kirche schaffen und Kirchräume völlig neu definieren? Antworten auf diese Frage entwickelt die Evangelische Jugend Berlin, Brandenburg und schlesische Oberlausitz (ejbo). Auf dem Kirchentag vom 19. – 23. Juni 2019 in Dortmund kreieren über 300 Teilnehmer mit einer Containerkirche einen spirituellen Raum. 29 Frachtcontainer werden auf dem Fredenbaumplatz in Dortmund aufgebaut und kreuzförmig aneinandergereiht. Über 20 kreative Angebote und Aktivitäten sollen die Container bespielen. Bereits am Kirchentag 2017 in Berlin arbeiteten die Jugendgruppen verschiedener Kirchenkreise eng zusammen und überlegten, wie man mit außergewöhnlichen Materialien neue temporäre Kirche erbauen kann. Dabei entstand eine Kirche aus Gerüststangen am Anhalter Bahnhof. „Das mobile Format lebt von der Magie des Momentes und Ortes und dadurch entwickelt sich eine völlig neue Bedeutung“, sagt Sarah Oltmanns. Die Landesjugendpfarrerin erinnert sich an einen Vater, der sich bei ihr meldete. Er erzählte von seiner Tochter, die er durch den Pilotensuizid des Germanwings-Fluges März 2015 verlor. Durch die Kirche aus Gerüststangen fand er Halt, Trost und Spiritualität und konnte in diesem Moment loslassen.

Lang geplantes ProjektSeit über einem Jahr plant eine Vorbereitungsgruppe aus Hauptamtlichen und Jugendlichen das diesjährige Projekt „Container.Kiez.Kirche“, durch welches sich Kiez und Kirche verbinden. „Am Kiez wird man erleben, dass durch Menschen sich etwas verändert. Jeder kann individuell mitgestalten und seine Spuren hinterlassen“, so Sarah Oltmanns. „Das Wort Container kommt aus dem Lateinischen continere und bedeutet zusammenhalten. Der Container Kiez symbolisiert Vertrauen und Zusammenhalt und spiegelt das nach außen wieder.“ Junge Menschen können ihre Vorstellungen einbringen und Kirche nach ihrem Belangen gestalten.Diakon Matthias Reim, Kreisjugendwart des Kirchenkreises Berlin Nord-Ost findet, dass es bei dem Projekt auch darum geht, „vom normalen Gottesdienst abzukommen und neue Dimensionen zu schaffen“.Der Kirchenkreis Berlin Nord-Ost potenziert das Motto des Kirchentages mathematisch mit dem interaktiven Gottesdienst „Vertrauen hoch drei“. Die Bestandteile eines Gottesdienstes, wie Votum, Begrüßung und Psalm werden in sieben Containern einzeln aufgebaut. So können die Besucherinnen und Besucher die Einzelstationen in ihrem eigenen Tempo durchlaufen und unter anderem Bibelstellen neugestalten und Riesencollagen erstellen. „Die Container-Kirche erwacht zum Leben, wenn Jugendliche vor Ort ihre Ideen entfalten“, fügt Reim hinzu. An jedem Abend legt ein DJ live auf und schließt den Tag mit einem Segen ab. Das Erlebte wird mit einer Installation aus Licht und Klang ohne Worte verarbeitet und soll die Container andächtig beschallen.

Vertrauen durch eine KletterwandVertrauen möchte auch der Kirchenkreis Barnim stärken, indem er eine Kletterwand aufbauen lässt, die die Container überragen wird. Auch die Kosten für die Kletterwand sind höher als die für die Container, deshalb freut sich der Kirchenkreis sehr über die großzügigen Spenden von Stiftungen und dem Jugendamt Barnim.Der Kirchenkreis Berlin-Charlottenburg erwarb vor einigen Jahren einen Bauwagen, den sie aufwändig über Landstraßen nach Dortmund transportieren. Vor Ort kümmern sich 45 Angereiste um das gastronomische Angebot, indem sie vegetarische Pizza aus dem Bauwagen austeilen. Ehrenamtliche Techniker bauen eine Bühne auf, auf der unter anderem die Band „Lightning Summer“ aus der Uckermark mit ihren aktuellen eigenen Songs auftreten wird.Wie man Container anders nutzen kann beschäftigt den Kirchenkreis Berlin-Prenzlauer Berg, indem sie ein ‚Tiny House‘ (englische Bewegung für winzige Häuser) erschaffen. Dieser Trend findet vor allem in unserem Zeitalter immer mehr Bedeutung, denn mit der schwierigen Lage auf dem Wohnungsmarkt kann auf minimalen Raum gelebt werden. Die günstigen Behausungen sind für viele nutzbar.Philipp Rhein ist Mitglied der Jugendkammer der ejbo und Abgeordneter im Gremium, das am Krimi-Hörspiel „FantasticPlasticCrime“ arbeitet. Es geht um die Vermeidung von Plastikmüll und soll die Kirchentagsbesucher nachhaltig beeinflussen. Dabei sagt er: „Das Thema Plastikmüll ist seit langer Zeit schon ein wichtiges Thema in der Gesellschaft. Durch das Hörspiel werden wichtige Impulse gesetzt, die zum Nachdenken anregen sollen. Nur gemeinsam können wir das Problem Plastikmüll verringern.“

Wie geht es weiter?Nach dem Kirchentag werden die Container für andere Veranstaltungen und Logistik weitergenutzt, mit Ausnahme eines gelben 40-Fuß Containers, der im Containerdorf als Brücke fungiert. Anschließend kann diese Brücke als überdachter Fahrradstand dienen, zum Beispiel in Gemeinden. Dafür werden noch Interessenten gesucht, bevorzugt im Raum Nordrhein-Westfalen.Für Philipp Rhein ist der Kirchentag ganz besonders, zusammen mit der Evangelischen Jugend will er zur tollen Atmosphäre beitragen. „Christen und Christinnen kommen und arbeiten alle am Kirchentag zusammen. Die ejbo wurde angesteckt, auch nach Dortmund zu reisen. Mit unserem Projekt der Container.Kiez. Kirche können Jugendliche teilnehmen, mitwirken und ansprechen was ihnen wichtig ist. Die Besucher können sich von der Vielfalt der Angebote begeistern lassen“.