5,3 Millionen Menschen erkranken in Deutschland jedes Jahr an einer behandlungsbedürftigen Depression. Dennoch gibt es weiterhin viele Vorurteile – mit denen eine Autorin aufräumen möchte.
Im eigenen Umfeld ernstgenommen zu werden, macht für viele depressiv erkrankte Menschen einen entscheidenden Unterschied: Das betont die Autorin Katty Salie. “Das Wichtigste ist, Betroffenen zu glauben. Die bilden sich nichts ein, die sind nicht ‘mimimi’ und stellen sich nicht an”, sagte Salie im einem am Mittwoch veröffentlichten Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). In ihrem Buch “Das andere Gesicht” beschreibt die Moderatorin der ZDF-Sendung “aspekte” ihre eigenen Erfahrungen mit Depressionen und befragt zahlreiche andere, oftmals prominente Betroffene.
Ihr hätten die Geschichten anderer geholfen, “als ich selbst im Loch steckte”, sagte sie. “Ich hatte lange das Gefühl, keinen Grund dafür zu haben, dass es mir so schlecht geht. Ich habe einen tollen Job und eine Familie, ich bin nicht alleine – und trotzdem ging es mir schlecht.” Durch die Erfahrungen anderer habe sie verstanden, dass es keinen Grund brauche, um an Depressionen zu erkranken: “Indem ich diese Betroffenen ernster genommen habe, konnte ich auch mich selbst ernstnehmen.”
Klischeehafte Vorstellungen von Depressionen ärgerten sie, so Salie weiter. So gebe es zwar depressive Menschen, die viel weinten und nicht aufstehen könnten, doch sie selbst habe die Erkrankung anders erlebt. “Ich habe in der Depression gearbeitet wie blöd”, sagte sie – und gerade deshalb habe sie lange geglaubt, dass sie von dieser Krankheit nicht betroffen sein könne. Viele Betroffene würden “noch akribischer und leistungsstärker, weil sie nicht auffliegen wollen”.
Wer das Gefühl habe, aus “dem dunklen Loch gar nicht mehr rauszukommen”, könne zunächst mit einer vertrauten Person sprechen. “Mir haben seinerzeit zig Leute signalisiert, dass ich mich verändert hatte. Dann braucht es Hilfe von Fachleuten”, so die Autorin. Zudem lasse sich vieles auffangen, “wenn man eine Verstimmung bemerkt und darüber spricht. Umgekehrt wird es eher schlimmer, wenn Menschen sich nichts anmerken lassen wollen aus Angst, für jemanden gehalten zu werden, der sich anstellt.”