Das Bundesverfassungsgericht hat keine einstweilige Anordnung im Fall eines Notars erlassen, der sich wegen einer möglichen Altersdiskriminierung an Karlsruhe gewandt hatte. Zugleich kündigte die 3. Kammer des Ersten Senats am Dienstag an, im Hauptsacheverfahren zu prüfen, ob die Altersgrenze den Anforderungen des Grundgesetzes und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union genügt. Die Vorinstanzen einschließlich des Bundesgerichtshofs (BHG) hatten die Altersgrenze für Notare von 70 Jahren für rechtmäßig erklärt.
Der Jurist sieht sich dagegen in seiner Berufsfreiheit verletzt. Die Altersgrenze sei weder erforderlich noch angemessen, weil ein erheblicher, demografisch bedingter Mangel an Bewerbern für das Anwaltsnotariat bestehe. Das Bundesverfassungsgericht räumte ein, dass es um einen erheblichen Grundrechtseingriff gehe.
In Deutschland ist für viele rechtliche Angelegenheiten ein Notar zuständig – etwa für Kauf oder Verkauf eines Hauses oder für Erbverträge. In sechs Bundesländern gibt es neben Notaren auch Anwaltsnotare; sie arbeiten sowohl als Notare wie auch als Anwälte.
BGH und Bundesverfassungsgericht hatten sich in den vergangenen Jahren mehrfach mit ähnlichen Fällen befasst und die Altersgrenze für akzeptabel gehalten. Der jetzige Kläger macht einen Verstoß gegen die Grundrechtecharta der EU geltend. Er sieht sich durch eine Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) von 2021 bestätigt. Die Luxemburger Richter hatten damals gerügt, dass in Italien niemand Notar werden darf, der älter als 50 ist.