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Karikaturen zu den großen Festen der Liebe in Hannover

In der Weihnachtszeit kommt die Familie mit großen Emotionen zusammen – in der Ausstellung „Oh oh, so fröhlich heute!“ im Wilhelm Busch Museum schauen Karikaturisten hinter den schönen Schein.

„Wanderer vor dem Geschenkemeer“ von Borislav Sajtinac.
„Wanderer vor dem Geschenkemeer“ von Borislav Sajtinac.Museum Wilhelm Busch

Eine Verkäuferin im Dessousgeschäft präsentiert einem dicken Herren mit Mantel und Hut ein Damenhöschen mit Spitzen und fragt: „Ist es für die Frau Gemahlin oder soll’s um ein paar Nummern kleiner sein?“ Eine Karikatur von Hanns Erich Köhler aus dem Jahr 1955, die in der Ausstellung „Oh oh, so fröhlich heute!“ im Museum Wilhelm Busch in Hannover zu sehen ist. Dort geht es um den ironischen Blick auf zwei große Feste der Liebe: die Hochzeit und das Weihnachtsfest.

Bei Friedrich Karl Waechter wird Maria angesichts der Geburt Jesu in einem berauschten Zustand mit großem Joint präsentiert, die Heiligen Drei Könige bringen dazu passende Hasch-Süßigkeiten mit. Titel der Zeichnung von 1979: „Freut Euch Leute, Euch ist heute der Highland geboren!“

„Oh oh, so fröhlich heute!“: Kriegsspielzeug vom Weihnachtsmann

Der Brite Ronald Searle nimmt Weihnachten aufs Korn, indem er einen vollgefressenen Weihnachtsmann mit dicker Zigarre im Sessel zeigt, der sich im Fernsehen einen in der Krippe liegenden grinsenden Jesus mit Heiligenschein anschaut. Neben den Tellern mit Essensresten steht auf dem Tisch eine fast leere Flasche Sekt, mit deren Genuss der Weihnachtsmann sich in Stimmung für die nächste Aufgabe gebracht hat: Vor ihm liegt ein Sack voll mit Kriegsspielzeug, das er nun an die auf ihn wartenden Kinder verteilen muss. „Es gibt eine knallharte britische Tradition in der Karikatur“, sagt Elisabeth Reich, stellvertretende Museumsleiterin. „In Deutschland sind die Zeichnungen nicht so scharf, es geht eher in Richtung Comedy.“

Wobei auch im Kurzfilm der Regisseurin Petra Lüschow bitterböser Humor zu spüren ist. In „Der kleine Nazi“ besucht ein junger blinder Israeli erstmals zu Weihnachten die Familie seiner deutschen Freundin. Dort hängen am Tannenbaum traditionell rote Weihnachtskugeln – mit Hakenkreuzen! Das wird dem Gast lieber nicht gesagt – doch als der vorschlägt, für seinen Großvater in Israel ein Foto von der Weihnachtsgesellschaft vor dem Tannenbaum zu machen, nimmt das Unheil seinen Lauf.

Zweite Sonderausstellung „Frierst Du schon? Soziale Kälte in warmen Schuhen“

Das Museum Wilhelm Busch begnügt sich nicht mit dem vergnüglichen Blick auf menschliche Schwächen zu mit viel Pathos gefeierten Festen – ein Stockwerk über „Oh oh, so fröhlich heute!“ läuft nämlich eine zweite Sonderausstellung unter dem Titel „Frierst Du schon? Soziale Kälte in warmen Schuhen“, in der es um Themen wie Krieg, Wohnungsnot und Inflation geht.

Zu sehen sind Zeichnungen so bekannter Künstlerinnen und Künstler wie Käthe Kollwitz und George Grosz, aber auch Karikaturen aus dem 18. und 19. Jahrhundert, die zeigen, wie Menschen einst auf Krisen reagiert haben. Den Bezug zur Gegenwart schaffen Arbeiten von Studierenden der Hochschule Hannover, aber auch ein Ausschnitt aus der TV-Satiresendung Extra 3, in der ein Zitat von Textilunternehmer Wolfgang Grupp präsentiert wird: „Das Problem ist, dass in Deutschland viele Abitur machen und studieren. Wenn eine Tochter einer Näherin Abitur macht, geht sie mir nicht mehr an die Nähmaschine.“

Auf Texttafeln sind zudem Interviews mit Ehrenamtlichen des Diakonischen Werks Hannover nachzulesen. Eine Rentnerin berichtet über Erlebnisse mit Kindern, deren Betreuung die Eltern zeitlich entlastet. Eine andere Ehrenamtliche besucht alleinstehende Senioren. Erfahrungen, die Lust machen sollen, selbst aktiv zu werden – und zwar bereits im Museum, wo Besucher Antworten auf Fragen wie „Was lässt dich erschauern?“ oder „Wann wird dir warm ums Herz?“ aufschreiben und an die Wand hängen können.

Info: Beide Ausstellungen mit insgesamt 250 Originalzeichnungen laufen bis zum 3. März. Außerdem werden im „Kinderzimmer: Raum für Kids“ bis zum 21. Januar 30 Buchillustrationen von Sarah Settgast zu Liedern von Rolf Zuckowski gezeigt. www.karikatur-museum.de