Vertriebenenverbände standen lange unter Revisionismusverdacht. Die Sudetendeutsche Landsmannschaft profiliert sich als treibende Kraft der europäischen Einigung. Und sendet klare Botschaften von ihrem Pfingsttreffen.
Jean-Claude Juncker (69), ehemaliger Präsident der EU-Kommission, ist mit dem Europäischen Karlspreis ausgezeichnet worden. Die Sudetendeutsche Landsmannschaft ehrte den luxemburgischen Politiker bei ihrem Pfingsttreffen am Wochenende in Augsburg als herausragenden Staatsmann. Wie der Namensgeber des Preises, Kaiser Karl IV., könne sich Juncker meisterhaft in Völkerfamilien und Kulturen hineindenken, sagte Landsmannschaftssprecher Bernd Posselt. So sei der Preisträger zu einem der Väter des Binnenmarktes, des Euro und der EU-Osterweiterung geworden.
Posselt nutzte die Preisverleihung zu Kritik “an jenen nationalen Politikern, die Junckers europäisches Aufbauwerk wieder in Frage stellen”. Insbesondere wandte er sich “gegen die von Putin geförderten, antidemokratischen Nationalisten von der AfD und der Wagenknecht-Partei”. Diese müssten von allen Demokraten politisch bekämpft werden.
Der Sprecher forderte außerdem die Regierungen der EU-Mitgliedsländer auf, “Renationalisierungsmaßnahmen wie die Wiedereinführung von Kontrollen an den EU-Binnengrenzen zu unterlassen”. Für die Sudetendeutschen sei es eine zentrale Errungenschaft, wieder frei von ihrem Schirmland Bayern in die Wurzelheimat in der Tschechischen Republik reisen zu können. Deutsche und Tschechen müssten ihre grenzüberschreitende Zusammenarbeit vorantreiben, etwa durch die Förderung der Sprache des Nachbarn in Schule und Universität.
Als Sudetendeutsche werden Deutschsprachige mit Wurzeln in Böhmen, Mähren und Österreichisch-Schlesien bezeichnet. Der Name geht auf die Sudeten zurück, ein Gebirge zwischen Schlesien, Böhmen und Mähren. Die Sudetendeutsche Landsmannschaft wurde 1950 gegründet. Sie versteht sich als Interessenverband derer, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus der damaligen Tschechoslowakei vertrieben wurden. Damals verloren rund drei Millionen Sudetendeutsche ihre Heimat.