Der Vorsitzende des Zentralrats der Jenischen in Deutschland, Renaldo Schwarzenberger, fordert die Anerkennung seines Volks als nationale Minderheit. Schwarzenberger sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), die Bundesregierung müsse ihre Position korrigieren. Sie verhalte sich gegenüber den Jenischen diskriminierend. Das Bundesinnenministerium sieht die Kriterien für die Anerkennung der Jenischen als nationale Minderheit nicht erfüllt.
Die Jenischen sind eine ethnische Minderheit, die seit dem frühen Mittelalter in Europa beheimatet ist. Sie lebten als Fahrende wie Roma und Sinti, sind aber heute – anders als diese – kaum bekannt. Nach Angaben ihres Zentralrats leben schätzungsweise 200.000 Jenische in Deutschland. Von den Nationalsozialisten wurden die Jenischen als „Asoziale“ verfolgt, interniert und in Psychiatrien und Konzentrationslagern ermordet. „Diese Geschichten sind noch nicht aufgeschrieben“, sagte Schwarzenberger: „Wir kämpfen auch um die Aufarbeitung.“
Der Bundesrat gedenkt jedes Jahr in seiner Dezember-Sitzung der Verfolgung und Ermordung von Sinti, Roma und Jenischen durch die Nationalsozialisten. Am 16. Dezember 1942 hatte der Reichsführer SS Heinrich Himmler angeordnet, alle Sinti und Roma aus dem Deutschen Reich in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau zu deportieren. Die Verfolgung begann aber bereits 1933, unter anderem mit Zwangssterilisierungen.
Der Zentralratsvorsitzende Schwarzenberger warf der Politik vor, in der Debatte über die Anerkennung der Jenischen als nationale Minderheit neue Erkenntnisse zu ignorieren. Dazu zählen Forschungen über das Jenische als eine eigene Sprache – eines der Kriterien für die Anerkennung einer nationalen Minderheit. „Wir haben eine eigene Sprache und eine eigene Kultur. Wir wollen sie erhalten, und wir wollen, dass unsere Sprache und unsere Geschichte sichtbar werden“, sagte Schwarzenberger.
Schwarzenberger sagte, die Jenischen würden sich auch bei der kommenden Bundesregierung weiter für ihre Anerkennung als nationale Minderheit einsetzen. In dieser Legislaturperiode hatte sich die Beauftragte für nationale Minderheiten, Natalie Pawlik (SPD), offen gezeigt für weitere Gespräche.