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Israelsonntag: Im Dialog bleiben gegen Antisemitismus

Beatrice Loeb, jüdische Vorsitzende der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Berlin, erklärt, warum der offene Austausch in Zeiten des wachsenden Antisemitismus nicht abreißen darf.

Jüdisches Leben in Deutschland ist vor allem seit dem 7. Oktober 2023 unsicher geworden (Symbolbild)
Jüdisches Leben in Deutschland ist vor allem seit dem 7. Oktober 2023 unsicher geworden (Symbolbild)Imago / Zoonar

Das Jahr 2024 ist für mich ein sehr spezielles Jahr! Wir sind nicht nur im 75. Jahr des Dialogs und des Austauschs, in dem die Berliner Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (GCJZ Berlin e.V.) 75 Jahre alt wird, sondern leider auch in einer neuen Zeitrechnung. Denn nach dem Terrorangriff des 7. Oktober 2023 der Hamas auf Israel ist die Welt eine andere geworden.

Dieser Tag stellt uns alle vor große Veränderungen und Herausforderungen. Nicht nur die bevorstehenden Wahlen in Thüringen und anderen Bundesländern sind aktuelle Herausforderungen für das friedliche und gemeinschaft­liche Zusammenleben in unserer Demokratie, sondern inzwischen jeder Besuch einer Universität, jeder Besuch in einem koscheren Restaurant, jeder Besuch einer jüdischen Einrichtung oder nur der Spaziergang mit Davidstern oder Kippa. Wer hätte das kommen sehen?

75 Jahre Dialog, 75 Jahre Austausch – wo wären wir heute ohne dieses jahrzehntelange Engagement, frage ich mich derzeit sehr häufig.

Jüdische Kinder müssen in Angst aufwachsen

Das bewegt mich, gerade nach dem 7. Oktober 2023, tief! Unsere Welt ist definitiv eine andere nach diesem entsetzlichen Anschlag auf unsere freiheitliche Gesellschaft.

Besonders für alle Jüdinnen und Juden auf dieser Welt. Geschäfte werden beschmiert. Friedhöfe verunstaltet. Freunde werden bespuckt, beschimpft und bedroht, auf Todeslisten gesetzt und verlassen Deutschland. Meine Kinder müssen ab jetzt in Angst aufwachsen. Was für eine traurige Entwicklung.

 

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Gerne würde ich jetzt meine Mutter oder Großeltern fragen: „Wie hat es damals angefangen? Wie habt Ihr Euch damals gefühlt, als die Veränderungen kamen.“ Aber es ist keiner mehr da, um meine Fragen zu beantworten.

2001 Schrieb Paul Spiegel, seinerzeit Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, anlässlich des 50. Geburtstags der GCJZ in Düsseldorf: „… Fraglich und ungewiss bleibt leider trotz der großen Verdienste der Menschen in diesen Gesellschaften, wie die zukünftige Mission und vor allem die Perspektiven in den nächsten 50 Jahren aussehen werden. Sicher ist und dies spüren wir ganz deutlich in diesen Tagen, Antisemitismus und Antijudaismus sind keinesfalls überkommene Reliquien der Geschichte, sondern alltäglich auftretende Gespenster, die wir nur gemeinsam bekämpfen können…“

„LET’S TALK“: Dialog zwischen Christen und Juden weiterführen

Sowohl die aktuellen Entwicklungen als auch das Zitat von Paul Spiegel haben mich in meinem Entschluss bestärkt, meine Bemühungen um und für den Dialog als Vorstandsmitglied weiterzuführen und keine Anstrengung unbeachtet zu lassen!

Die GCJZ Berlin e.V. legt daher in diesem Jahr besonders viel Wert auf unser Motto „LET’S TALK“ und lädt alle Mitglieder und Interessierten dazu ein, sich dem Dialog zu öffnen und im Sinne auch der Achtsamkeit den Anderen zu hören! Wir wollen den Dialog der Zukunft gemeinsam gestalten und glauben weiterhin an den Christlich-Jüdischen Dialog!

Wir sind jederzeit offen für den regen und intensiven Austausch! „LET’S TALK“, auch im Jahr 2024!

Beatrice Loeb ist jüdische Vorsitzende der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Berlin e.V.