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Israel-Palästina-Konflikt: Gebete dürfen nicht leere Worte bleiben

UK 33/2015, Israel-Palästina-Konflikt (Seite 2: „Der Prophet und die Politik“)
Angesichts der Ausweglosigkeit in Israel/Palästina schließt der Beitrag von Bischof Hans-Jürgen Abromeit mit der Aufforderung zum Gebet. Ihm dürfte als Bonhoeffer-Spezialist dessen Formulierung bekannt sein: Beten und Tun des Gerechten. Besonders schätze ich auch Bonhoeffers Worte aus seinem Aufsatz „Die Kirche vor der Judenfrage“: „Die Kirche ist den Opfern jeder Gesellschaftsordnung in unbedingter Weise verpflichtet, auch wenn sie nicht der christlichen Gemeinde zugehören.“
Ich bin mir mit der Bonhoeffer-Forscherin Renate Wind einig, dass Bonhoeffer seine entscheidenden Impulse während seines Aufenthalts in New York erhalten hat. Die Diskriminierung der Schwarzen, die ihm dort begegnet ist, überträgt er auf die Diskriminierung, die er in Deutschland bei den Juden wahrnimmt. Kurz gesagt, er setzt sich für die Juden nicht ein, weil sie Juden sind, sondern weil sie Opfer sind.
Die Kirche hat auf der Seite der Opfer zu stehen. Bonhoeffer meinte also, dass mit unserem Beten ein entsprechendes Tun einhergehen muss.   
In der Nazizeit waren Juden die Opfer, heute sind Palästinenser die Opfer, wie ich bei zwei Studienreisen in die besetzte Westbank erkennen musste, als ich jeweils eine Woche bei einer christlich-palästinensischen Familie wohnte.
Ich möchte an den Offenen Brief von Erzbischof Tutu an das Kirchentagspräsidium und an die EKD erinnern. (Ob es inzwischen von dort eine Antwort gibt?) Tun des Gerechten heißt für mich wie für Desmond Tutu, dem Aufruf der Kairos-Erklärung palästinensischer Christinnen und Christen zu folgen und sich der  BDS-Bewegung für Boykott, Entzug von Investitionen und Sanktionen aus Israel anzuschließen, sonst, so fürchte ich, bleiben Gebete leere Worte.
Dr. theol. Martin Breidert, Pfarrer i.R., Bad Honnef