In den Gedenkfeiern in Kirchen nach tödlichen Anschlägen wie in Magdeburg und Aschaffenburg sieht der Hamburger Islambeauftragte Sönke Lorberg-Fehring ein starkes Signal der Ökumene. Das Zusammenstehen in der Trauer sei ein wichtiges Zeichen als Anerkennung der Realität von Terror, sagt der Beauftragte für Christlich-Islamischen Dialog der evangelischen Nordkirche dem Evangelischen Pressedienst (epd). “Terror gilt nicht einer bestimmten Gruppe.” Das hätten die jüngsten Anschläge gezeigt. In Aschaffenburg war eines der Opfer marokkanischer Abstammung.
Ende Januar hatte die „tageszeitung“ (taz) kritisiert, dass nach solchen Anschlägen meist Trauergottesdienste in Kirchen stattfinden und stattdessen säkulare Gedenkfeiern gefordert. Kollektive christliche Trauergottesdienste seien respektlos gegenüber den Opfern, lautete der Kommentar. Lorberg-Fehring erklärt dagegen, solange auch nicht-christliche Menschen mit in das Gedenken einbezogen würden, spreche für ihn nichts dagegen.
Der Pastor sieht sogar Vorteile: „Die Anschläge werfen die ganz große Frage in uns auf: Wie kann solches Leid in der Welt stattfinden.“ Genau hier könnten Kirche und andere Religionsgemeinschaften ein großer Gewinn sein. Und zwar gerade in der Nichtbeantwortung dieser Frage. Sprachlosigkeit sei in solchen Situationen deutlich angemessener als vorschnelle Antworten, die meist von Politikerinnen und Politiker kämen. In den Stunden und Tagen nach einem Anschlag sei es das Wichtigste, dem Schmerz Raum zu geben.
Grundsätzlich müssten Gedenkfeiern nicht zwangsläufig in Kirchen stattfinden. Auch Moscheen, Synagogen und Tempel könnten ein Ort für die Trauer sein. Allerdings hätten die Kirchen nach wie vor die größte Organisationskraft, erklärt der Pastor: „Wir haben oft die größten Räume, die meisten hauptamtlichen Mitarbeiter und die finanziellen Mittel, um solche Feiern zu ermöglichen.“
In muslimischen Gemeinden etwa würde die meiste Arbeit über Ehrenamtliche laufen. Außerdem gebe es im sunnitischen Islam, der in Deutschland die Mehrheit stellt, keine so starke Tradition von öffentlicher Trauer. Jüdische Gemeinden hätten oftmals wenige Mitglieder. „Leider“, betont Lorberg-Fehring und ergänzt: „Ich habe auch noch nie gehört, dass sich Muslime oder Juden darüber beschweren, dass öffentliche Trauerfeiern immer in der Kirche stattfinden.“
Im Gegenteil: Seiner Erfahrung nach seien alle erleichtert, wenn die Kirchen ihre Räume für alle öffnen. Einzige Voraussetzung sei, dass alle Religionsvertreterinnen und Vertreter in die Planungen mit einbezogen würden.
Ein Beispiel dafür war der ökumenische Gottesdienst nach der Amokfahrt in München. Der Penzberger Imam Benjamin Idriz erinnerte auf den Altarstufen stehend an die beiden Todesopfer der Gewalttat. Der Rabbiner Shmuel Aharon Brodman von der Israelitische Kultusgemeinde München sang das jüdische Totengebet, der griechisch-orthodoxe Archimandrit Georgis Siomos sprach die Fürbitten. Auch nach der Tat in Aschaffenburg sprach ein Imam der örtlichen Ahmadiyya Muslim Gemeinde bei der Trauerfeier in der Stiftskirche.