Artikel teilen:

In schwedisch-deutscher Krimiserie ermittelt ein originelles Duo

Wenn Krimi-Autoren die Asylproblematik aufgreifen, fällt das Ergebnis nicht immer seriös aus. Das ZDF zeigt mit der schwedisch-deutschen Ko-Produktion “Detective No. 24” aber ein gelungenes Beispiel.

In ihrem Beruf als Staatsanwältin war Tilda Renström (Malin Levanon) ein schwarzes Schaf. Sie wurde wegen ihrer laxen Dienstauffassung entlassen, besteht aber hartnäckig darauf, von sich aus gekündigt zu haben. Nun arbeitet sie in der Verwaltung einer Flüchtlingsunterkunft in Karkebo, einem kleinen Ort nördlich von Uppsala.

Dumm ist sie nicht, verwendet ihren Verstand allerdings hauptsächlich darauf, beruflichen Anforderungen und verantwortlichen Tätigkeiten tunlichst auszuweichen. Regelmäßig erntet sie wütende Rüffel ihres Vaters, eines ehemaligen Richters, und spöttische Bemerkungen ihrer Schwester, einer erfolgreichen Anwältin, weil sie ihr Potenzial so bedenkenlos vergeudet.

Als in Karkebo die junge Anna verschwindet und deren Fahrrad in der Nähe der Flüchtlingsunterkunft aufgefunden wird, richtet sich der Verdacht umgehend auf die Migranten, die von einem Teil der Bevölkerung ohnehin schon angefeindet werden. Annas Vater, ein Lokalpolitiker, war einer der wenigen, die sich für die Einrichtung eingesetzt hatten.

Ein Flüchtling mutmaßlich somalischer Herkunft, der Auskünfte zur Person verweigert und deshalb nach seiner Zimmernummer nur “24” genannt wird, spricht Tilda Renström an. Er könne bei der Aufklärung des Falles helfen. Die Antwort ist zunächst höhnisches Gelächter. Doch Renström erkennt die Chance, sich als Staatsanwältin zu rehabilitieren, erklärt sich kurzerhand zur Sprecherin der Einwanderungsbehörde und erhält so Zugang zu den Ermittlungen.

Mit neu gewecktem Ehrgeiz geht sie nun doch einem Hinweis von “Nummer 24” nach und findet dessen Theorie bestätigt, dass Anna nicht nahe der Flüchtlingsunterkunft entführt wurde, sondern an anderer Stelle. Das Fahrrad wurde am Fundort abgelegt, um den Verdacht auf die Asylbewerber zu lenken.

Für Tilda Renström bleibt “Nummer 24” ein Rätsel, das Publikum hingegen weiß, dass er auf den Vornamen Ibraahin hört, in seinem Heimatland als Polizist tätig war und mit korrupten Vorgesetzten aneinandergeriet. Er war brutalen Misshandlungen ausgesetzt und wurde fürs Leben gezeichnet. Er muss mit seiner Ermordung rechnen, sollte Schweden ihn ausweisen.

Seine ausgeprägten detektivischen Fähigkeiten, die denen eines Sherlock Holmes kaum nachstehen, bieten ihm eine Handhabe, die bereits beschlossene Abschiebung zu verzögern, vielleicht sogar zu verhindern. Tilda Renström weiß mittlerweile, dass sie auf “24” angewiesen ist, will sie den Fall klären, im Wettlauf mit den Kriminalisten, die ihren schlechten Leumund nur zu gut kennen. Sie manipuliert den Vorgang, “24” kann vorerst bleiben – und liefert weitere entscheidende Hinweise.

Originelle Ermittlerpaare sind derzeit sehr gefragt. Dieses hier, erdacht von Aron Levander, besitzt besonderen Rang: eine egozentrische, pflichtvergessene, unfähige Staatsanwältin, im ständigen Kreuzfeuer zwischen väterlichen Schimpfkanonaden und einer kritischen Öffentlichkeit, und ein schweigsamer Asylbewerber mit hoher Intelligenz und ausgeprägtem Einfühlungsvermögen, der eine Gelegenheit sieht, der Abschiebung und damit dem sicheren Tod zu entgehen.

Levander geht das Thema sensibler an und ist ein besserer Erzähler als etwa Henning Mankell, denn er weiß zu differenzieren. Bei Mankells Krimis sind “die” Asylbewerber oft nur eine anonyme Masse. Und sein Ermittler Wallander äußert sogar schon mal Verständnis für rechtsradikale Täter.

In “Detective No. 24” (ZDF, ab 15. Oktober, jeweils sonntags ab 22.15 Uhr in Doppelfolgen) begegnen wir hingegen Persönlichkeiten, Menschen mit individuellen Eigenschaften und Biografien. Zu jedem Schicksal gehört ein Gesicht, das von “Nummer 24” ist von brutalen Schlägen entstellt. Eine stetige Erinnerung, dass das Recht auf Asyl humanitäre Gründe hat.

Die unter Beteiligung des ZDF entstandene schwedische TV-Produktion überzeugt. Und sie zeigt auch, dass die Asylthematik bei weitem zu komplex und verästelt ist, um auf fiktionaler Ebene in ein paar holprigen Dialogen und kruden Gedankenspielen verhandelt zu werden.