DORTMUND – Manche Passanten trauen ihren Augen nicht: Jugendliche werfen alte Handys einfach in eine Pappbox. Mitten in der Dortmunder Innenstadt vor der Reinoldikirche machen Jungen und Mädchen zwischen 13 und 15 eindrucksvoll auf die Handy-Aktion-NRW aufmerksam.
Schülerinnen und Schüler haben eine Szene aus einem Film nachgestellt, der ihnen die harten Arbeitsbedingungen von Menschen im Coltan-Bergbau im Kongo vor Augen geführt hat. Für die 13-jährige Leyla ist schnell klar: „Es ist traurig anzusehen, wie wir immer mit unseren Handys beschäftigt sind, während andere dafür so hart arbeiten müssen.“ Ihr ausgedientes Handy wird daher in der Kiste landen.
60 Rohstoffe stecken in einem Handy
Auch ihre Mitschülerinnen und Mitschüler haben ihre alten Geräte mitgebracht. „Wenn Rohstoffe recycelt werden, müssen Menschen im Kongo oder anderswo nicht länger ausgebeutet werden“, erklärt Stella (14). Auch Ndedi (12) und Londi (13), die sich bei Africa Positive Youth engagieren, unterstützen die Handy-Aktion NRW, „weil sie der Welt hilft“.
Ausgediente Mobilfunktelefone umweltgerecht entsorgen und mit den Erlösen wiederum Projekte für Menschenrechte fördern: in der Demokratischen Republik Kongo, in Südafrika und auf den Philippinen. Darum geht es bei der landesweiten Handy-Aktion – einer Initiative von Kirchen, Nichtregierungsorganisationen und Unterstützern aus der Eine-Welt-Arbeit.
In einem Handy stecken etwa 60 verschiedene Rohstoffe, die Hälfte davon sind Metalle wie Kupfer, Silber, Gold oder Coltan. „Für den Abbau dieser Rohstoffe werden oft Menschenrechte verletzt und Natur zerstört“, sagt Johanna Schäfer, zuständige Projektleiterin im Amt für Mission, Ökumene und kirchliche Weltverantwortung der westfälischen Kirche in Dortmund. Dabei lägen viele ungenutzte Geräte einfach in der Schublade, so die Bildungsreferentin für „Brot für die Welt“ weiter.
Der Coltan-Abbau und der Handel damit sind für den kongolesischen Pfarrer Jean-Gottfried Mutombo eine der Hauptursachen für die Konflikte in seinem Heimatland seit den 1990er Jahren. „Die Arbeiter müssten wie Sklaven schuften, werden ausgebeutet und zu dieser Arbeit gezwungen. Sie bekommen wenig oder gar keinen Lohn“, berichtet er. Verschiedene Milizen und Rebellengruppen verdienten so Geld, um damit ihre Waffen zu kaufen. Auch Kinder würden in die oft lebensgefährlichen Minen geschickt, weil sie sich in den engen Stollen besser bewegen können als Erwachsene.
Nach 18 Monaten ausgedient
„Die Kinder haben keine Zukunft, sie bekommen keine Chance auf Bildung und Ausbildung“, kritisiert der Pfarrer, der beim Amt für MÖWe arbeitet. Obwohl die Demokratische Republik Kongo eines der rohstoffreichsten Länder sei, zähle sie zu den ärmsten Ländern der Welt. Ein Grund sei der illegale Abbau und Schmuggel von Coltan durch militante Gruppen. Mutombos Appell an Politik und Mobilfunkindustrie: Menschenrechte einhalten sowie Umweltstandards sicherstellen.
Deutschlandweit schätzt der Branchenverband Bitcom 104 Millionen Handys, die aussortiert wurden. Jedes Jahr werden allein in Deutschland mehr als 35 Millionen neue Handys gekauft. Die meisten Geräte werden nur rund 18 Monate genutzt und dann durch ein neues ersetzt. Allein Handys verursachen so jährlich mindestens 5000 Tonnen Elektronikschrott.
Dabei seien ausgediente Geräte „kleine Schatzkisten“, wirbt Schäfer zum Mitmachen bei der Handy-Aktion NRW, die auch Bildungsmaterial anbietet. Kirchengemeinden, Konfigruppen, Schulklassen sowie auch Gruppen in Unternehmen machten bereits mit. „Mehr als 120 Sammelstellen gibt es bereits landesweit.“
Youtube-Video zur Aktion: https://youtu.be/MgCk_DybxUY