Herr Gundlach, fühlen Sie sich bereit für den Ruhestand?
Ich habe 20 Jahre Zeit gehabt, inhaltlich zu sagen und zu tun, was ich wichtig finde. Jetzt soll wirklich die nächste Generation ran. Ich finde es nicht gut, wenn Pensionäre anfangen zu sagen, wie es die Jungen machen sollen.
Sie hören eine Woche vor der EKD-Synode im November auf. Dort wird ein neuer Rat gewählt. Ich möchte Sie trotzdem fragen, was Sie den neuen Ratsmitgliedern noch mit auf den Weg geben wollen?
Wir müssen zurückbauen. Wir sind in einer Transformation, in einem Übergang zu einer neuen Form von Kirche. Die wird sicherlich kleiner sein, aber nicht zwingend schlechter. Dafür braucht es aber eine innere Haltung, Zuversicht und auch Lust, Neues auszuprobieren. Wir dürfen uns nicht an Strukturen und auch nicht an Positionen klammern. Die Hauptaufgabe für die Zukunft der Kirche wird daher eine geistliche und spirituelle sein.
Sie haben sogar dafür plädiert, nicht am Sonntagsgottesdienst zu klammern. Corona hat ja viele Gottesdienste schlanker gemacht. Was soll bleiben vom Gottesdienstleben unter Pandemiebedingungen?
Corona hat uns die Chance gegeben, die digitalen Feierformen wirklich zu professionalisieren. Dadurch, dass keine Gottesdienstgemeinde vor Ort war, ist der Zuschauer ins Zentrum gerückt. Corona war bei allem Kummer auch der erste Schritt einer Transformation, die gut ist.
Es gibt aber auch nach wie vor eine Sehnsucht nach dem Kohlenstofflichen und nach einer Abendmahlsfeier, die nicht verkrampft ist aufgrund der Hygienevorschriften. Ich bin zuversichtlich, dass wir auch bald wieder die gewohnten Gottesdienstformen feiern werden, denn die liturgische Grundform des Sich-gemeinsam-vor-Gott-Versammelns wird nicht aufhören.
Im Augenblick wird viel über 2G-Regeln für Veranstaltungen diskutiert. Bislang war es in den Kirchen so, dass weiterhin die gewohnten Hygienekonzepte mit Abstand und Maske galten. Wird sich das mit Blick auf den Winter ändern?
Ich wäre sehr dafür, dass wir mindestens 3G machen. Mit Blick auf Konzerte und Veranstaltungen wird das auch so sein. Bei den Gottesdiensten ist die Diskussion etwas diffiziler. Ich finde aber, wir sollten die gesellschaftlichen Impfbemühungen nicht unterlaufen. Hier liegt aber die Entscheidung bei den Landeskirchen.
Die Kirche sollte nicht zum Hort von Impfskeptikern werden, weil wir denken, dass ein Gottesdienst in jedem Fall zugänglich sein sollte. Diejenigen, die sich aus wenig überzeugenden Gründen nicht impfen lassen wollen, schließen sich selbst aus. Es ist nicht die Kirche, die jemanden ausschließt.
Wie blicken Sie auf die Fortschritte in der Ökumene, etwa die Fortschritte auf dem Weg zum gemeinsamen Abendmahl?