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“Ich mache den Bauern keinen Vorwurf”

Simone Schmidt ist erste Vorsitzende der Rehkitz- und Tierhilfe Franken. Der Verein fliegt Wiesen und Felder mit Drohnen ab, um Wildtiere vor dem Mähtod zu retten. Diese Woche war die 45-Jährige in Berlin, um sich den Deutschen Engagementpreis abzuholen, den ihr Verein in der Kategorie Publikumspreis gewonnen hat. Während ihrer Abwesenheit haben sie vier Helferinnen und Helfer in der Auffangstation unterstützt, in der rund 40 Tiere untergebracht sind: Waschbären, Warzenenten, Siebenschläfer, Gänse und auch ein Dachs. Die Reh-Jungtiere, die derzeit sehr hungrig sind und erst im Frühjahr ausgewildert werden, bekommen säckeweise getrockneten Löwenzahn und andere getrocknete Kräuter, das geht ins Geld.

epd: Landwirte sind verpflichtet, ihre Felder vor der Ernte zu untersuchen, damit sie keine Wildtiere beim Mähen töten. Warum machen Sie das als Verein?

Schmidt: Ja, die Bauern sind dazu verpflichtet, aber die Kitze sind oft extrem schwer zu sehen. Ich bin schon neben einem Kitz gestanden, das sich wegduckte, und habe es nicht entdeckt. Ich mache den Bauern keinen Vorwurf, wenn es für sie schwer ist, die Tiere zu schützen. Ihre Maschinen werden immer größer und auch sie sind in einem Kreislauf gefangen, in dem immer alles schneller gehen muss. Moderne Maschinen haben manchmal schon Features, die die Wildtiere entdecken sollen, aber das funktioniert nicht immer. Wir beteiligen uns als Verein daher auch manchmal an Tests solcher neuen Technik.

epd: Heute durchkämmen Sie die Felder und Wiesen nicht mehr nur zu Fuß, sondern Sie haben Drohnen mit Wärmebildkameras, die Ihnen helfen. Ist das anders noch vorstellbar?

Schmidt: Das ist eine große Erleichterung und gar kein Vergleich zu früher. Wir haben in diesem Sommer rund 1.600 Hektar mit unseren drei eigenen und einer Drohne eines Freundes abgeflogen, das wäre anders nicht möglich gewesen. Wir können mit den Drohnen auch Igel oder Gelege von Wildenten entdecken. Natürlich gibt es gelegentlich Abstürze: Es waren zwei in diesem Jahr. Aber die Drohnen sind glücklicherweise vollkaskoversichert.

epd: Sie brauchen für solche Anschaffungen und für das Futter der Tiere viel Geld. Sie mussten sich aber den Publikumspreis des Engagementpreises in Höhe von 10.000 Euro mit einem Jägerverband teilen. Die Stiftung hatte das wohl nachträglich so entschieden, weil sich die Unterstützer der beiden Gruppen in den sozialen Medien gegenseitig hochgeschaukelt hatten. Was sagen Sie dazu?

Schmidt: Das ist natürlich schade, denn wir hätten das Geld sehr dringend gebraucht. Ich habe während der Abstimmung immer versucht zu beschwichtigen und schließlich auch meine Facebook-Kommentarfunktion gesperrt. Ich finde aber alle Projekte, die im Internet zur Abstimmung standen, hätten den Preis verdient. Deswegen ist das Thema jetzt für mich abgeschlossen. (00/4025/11.12.2023)