Die Evangelische Landeskirche in Württemberg ringt weiterhin um die Trauung gleichgeschlechtlicher Paare. Bei der in Stuttgart tagenden Landessynode gab es am Freitag eine Diskussion über die Frage, ob verschiedene Ehe-Verständnisse für eine Kirche auszuhalten sind. Während progressive Kräfte eine völlige Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare bei der kirchlichen Trauung fordern, sehen konservative Synodale die „Homo-Ehe“ im Widerspruch zur Bibel, die nur die Ehe von Mann und Frau kenne.
Der Vorsitzende des Theologischen Ausschusses, Hellger Koepff, sprach sich für eine Ergänzung der Texte zur kirchlichen Trauung aus. In der Präambel solle festgehalten werden, dass es in der Kirche unterschiedliche Verständnisse der Ehe gebe, denen nebeneinander Raum gegeben werde. Dann könnten die einen Gemeinden gleichgeschlechtliche Paare trauen, andere Gemeinden diese Trauung ablehnen.
Der für Theologie zuständige Oberkirchenrat Jörg Schneider sieht gleichgeschlechtliche Trauungen nicht im Widerspruch zum christlichen Bekenntnis. Das Augsburger Bekenntnis rücke die Rechtfertigung des Menschen vor Gott ins Zentrum. Die Erlösung durch Gott gelte dem einzelnen Menschen, nicht einem Paar als Ganzem. Die Möglichkeit, Trauungen für Gleichgeschlechtliche anzubieten, könnte „Teil der Statur unserer Landeskirche“ sein, sagte Schneider.
Für den größten Gesprächskreis der Synode, die theologisch konservative „Lebendige Gemeinde“, machte Matthias Hanßmann klar, dass seine Gruppe keine kirchenrechtliche Fortschreibung bei der Trauung Gleichgeschlechtlicher unterstützen werde. Schon die 2019 beschlossene Regelung, zwar keine Trau-, dafür aber Segnungsgottesdienste unter bestimmten Voraussetzungen zuzulassen, gehe vielen zu weit. Hanßmann warb dafür, die Kräfte der Synode besser für die aktuellen Veränderungsprozesse einzusetzen.
Johannes Eißler sagte dagegen, dass die Regeln des aktuellen Gesetzes „einfach nicht gut“ seien. So könne er als Pfarrer in seiner Gemeinde gleichgeschlechtliche Paare nicht segnen, obwohl sein Kirchengemeinderat zugestimmt habe. Denn seine Pfarrerkollegin in der Gemeinde lehne die Segnung ab, weshalb er die Feier nicht durchführen dürfe. Alleine wegen dieses Punktes müsse man das Gesetz ändern.
Burkhard Frauer nannte das aktuelle Gesetz einen „faulen Kompromiss“. Die amtierende Synode solle noch vor Ende der Legislatur in einem Jahr eine Reform beschließen. Matthias Böhler sagte, der württembergische Weg trage dazu bei, Denkbarrieren abzubauen, weil man sich hier mit den unterschiedlichen Positionen auseinandersetzen müsse. Schriebe man zwei Eheverständnisse fest, wäre das ein Rückschritt und könnte unterschiedliche Ansichten zementieren.
Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl sagte in einem abschließenden Wort, der aktuell geltende Kompromiss von 2019 habe einen Konflikt befriedet und für die Gemeinden Rechtssicherheit geschaffen. Andererseits fühlten sich Homosexuelle weiterhin diskriminiert, außerdem sei der Weg zur Genehmigung kompliziert. Gohl kündigte an, dass bis zur Sommersynode 2025 ein Gesetzentwurf vorliegen soll, der die Trauung Gleichgeschlechtlicher vorsieht, gleichzeitig aber einen Gewissensschutz festschreibt, wonach Pfarrerinnen und Pfarrer solche Trauungen auch ablehnen können. (2699/29.11.2024)