Die Holocaust-Überlebende Eva Umlauf warnt CDU-Chef Friedrich Merz davor, mit Zustimmung von Rechten Politik zu machen. „Gehen Sie auf die anderen demokratischen Parteien zu, finden Sie Kompromisse“, schrieb die 82-Jährige in einem offenen Brief an Merz auf „sueddeutsche.de“ am Donnerstag. „Kehren Sie um auf dem Weg, den Sie am Mittwoch beschritten haben.“
Der Bundestag hatte am Mittwoch mit knapper Mehrheit einen fünf Punkte umfassenden Antrag von CDU/CSU beschlossen. FDP und AfD hatten Unterstützung für den Antrag, der eine deutliche Verschärfung der Asylpolitik vorsieht, signalisiert. SPD, Grüne und Linke lehnten ihn ab. Dass die Union bereit war, eine Mehrheit für den Antrag mit Stimmen der AfD in Kauf zu nehmen, war auf harsche Kritik gestoßen.
Die gemeinsame Abstimmung habe die demokratische Brandmauer in ihren Grundfesten erschüttert, schreibt Umlauf. An diesem Freitag könnte zum ersten Mal in der Nachkriegsgeschichte ein Gesetz im Bundestag gemeinsam mit Rechtsextremen verabschiedet werden. „Die Brandmauer könnte niedergerissen werden“, warnte Umlauf. „Tun Sie das nicht. Kehren Sie um, Herr Merz, so schwer es Ihnen auch fallen mag.“
Was diese Woche im Bundestag geschieht, werde in die Geschichtsbücher eingehen, zeigte sich Umlauf überzeugt. „Denn genau so fängt es an, so normalisieren wir die Feinde unserer Demokratie.“ Sie habe gehofft, dass sie in ihrem Leben keinen Aufstieg einer rechtsextremen Partei mehr miterleben müsse. „Doch jetzt geht der Rechtsruck durch ganz Europa, wohin man sieht, werden Hass und Hetze wieder salonfähig.“ Ihr mache das große Angst.
„Wir alle wissen, wie deutsche Politiker schon einmal vor knapp 100 Jahren dachten, man könne mit Hitler und der NSDAP zusammenarbeiten.“ Und in wenigen Jahren sei aus einer Demokratie eine Diktatur geworden. Umlauf hatte als Kleinkind das KZ Auschwitz überlebt. 1967 kam sie nach München und arbeitete als Kinderärztin. Seit 2011 erzählt sie als Zeitzeugin über ihre Erlebnisse in der NS-Zeit. (00/0346/30.01.2025)