Die Versorgung werdender Mütter in Deutschland mit Hebammen hat sich nach Aussage der Mainzer Hebammenwissenschaftlerin Barbara Fillenberg in den zurückliegenden Jahren deutlich verbessert. „Noch nie waren wir so nah an unserem Ziel, eine Eins-zu-Eins-Betreuung zu erreichen, bei der Frauen sich ihre Hebamme aussuchen können“, sagte die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Hebammenwissenschaft dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dazu habe auch die Reform der Hebammenausbildung beigetragen.
Die auf EU-Ebene schon vor Jahren beschlossene Akademisierung des Hebammenberufs sei von der Bundesrepublik lange ausgebremst worden, bedauerte Fillenberg: „Deutschland hat die Vorgaben einfach nicht umgesetzt und versucht, es bis zum letzten Moment aufzuschieben.“ Dabei sei der Schritt unumgänglich gewesen. Geburten ohne medizinische Komplikationen könnten von Hebammen auch ohne Anwesenheit einer Ärztin oder eines Arztes geleitet werden. Umgekehrt sind Ärzte gesetzlich verpflichtet, zu jeder Geburt eine Hebamme hinzuzuziehen, was die besondere Verantwortung von Hebammen deutlich mache. Eine akademische Qualifikation sei daher angemessen, zumal Hebammen bei der Geburtsbegleitung ganz andere Aufgaben hätten als Ärzte.
Die gesetzlichen Grundlagen der Reform traten in Deutschland 2020 in Kraft. Seither können Hebammen mit deutschem Abschluss sich auch wieder in der gesamten EU auf eine Stelle bewerben. An der Mainzer Universitätsmedizin hat Fillenberg im Frühjahr die Lehrstuhl- und Studienleitung des neu aufgebauten dualen Bachelorstudiengangs übernommen. Sie bedauerte, dass auf die neuen Lehrstühle für Hebammenwissenschaft nicht immer ausgewiesene Hebammen berufen würden, sondern teilweise Gynäkologinnen. „Ich würde mich als Hebammenwissenschaftlerin niemals auf einen gynäkologischen Lehrstuhl bewerben“, sagte sie. „Es ist eine andere Disziplin.“
„Der ‘Run’ auf Studienplätze ist ungebrochen hoch“, sagte Fillenberg, „und es gibt sehr wenige Studierende, die abbrechen.“ Für Hebammen, die die neuen, mittlerweile an 46 Standorten angebotenen dualen Studiengänge absolviert haben, sei die Jobsuche anfangs kein Problem gewesen: „Alle haben sehr gute Arbeitsplätze gefunden. Inzwischen sieht es etwas anders aus, weil in vielen kleinen Häusern die Geburtshilfe geschlossen wurde.“
Schwangere im ländlichen Raum müssten dadurch immer weitere Wege auf sich nehmen. Jedes Mal, wenn eine Geburtsstation abseits der großen Städte wegfalle, sei dies eine politische Fehlentscheidung. „Das ist extrem kurzsichtig“, kritisierte die Verbandspräsidentin. Für freiberufliche Hebammen bleibe zudem die geringe Vergütung ihrer wichtigen Dienstleistungen ein Ärgernis: „Die letzte Gebührenanpassung erfolgte 2018.“