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Harzer Forstwirt: Wolf und Luchs teilen sich erstmals den Wald

25 Jahre nach der Auswilderung der ersten Luchse im Harz hat sich das Vorkommen stabilisiert und auf das Umland ausgeweitet. „Die Fläche, auf der sich die Population ausbreitet, wächst“, sagte der Leiter des Luchsprojekts im Nationalpark Harz, Ole Anders, dem Evangelischen Pressedienst (epd). „Und wir haben immer mehr führende Weibchen. In der vergangenen Saison haben wir 20 Weibchen gezählt, die Jungtiere geführt haben.“

Genaue Zahlen zu nennen, sei immer schwierig, fügte der Forstwirt an. „Für den Harz selbst gehen wir von etwa 55 erwachsenen Luchsen aus, plus etwa 35 Jungtiere, die pro Saison geboren werden. Wenn wir das weitere Umfeld des Harzes betrachten, kommen wir auf eine Zahl von 120 oder sogar 150 erwachsenen Tieren.“ Aus dem Harz abgewanderte Luchse wurden zuletzt etwa im Solling, im Leinebergland und in Hessen nachgewiesen.

Probleme bei der Akzeptanz der Luchse in der Bevölkerung gibt es Anders zufolge nicht mehr: „In den Anfangsjahren des Projekts gab es Ängste und Vorurteile, damals war das Thema Luchs in Deutschland ja noch gar nicht präsent.“ Das habe sich in den Folgejahren in eine fast durchgehend positive Richtung gedreht: „Der Luchs ist ein Maskottchen für den Harz geworden“.

Ob sich die Luchse im Harz mit den zuletzt in das Mittelgebirge zugewanderten Wölfen vertragen, kann Anders noch nicht absehen. „Grundsätzlich schließen sich Wölfe und Luchse nicht aus in einem großen Waldlebensraum wie dem Harz“, sagte er. Andererseits könne es im direkten Kontakt auch zu Aggressionen kommen. Dabei sei ein Luchs durchaus in der Lage, einen einzelnen Wolf „das Fürchten zu lehren“ und auch zu vertreiben, „aber Wölfe kommen eben häufig im Rudel“. „Es ist ein großer Feldversuch“, sagte Anders. Diese Situation, „der Luchs ist da und der Wolf kommt dazu“, sei in Deutschland ein Novum.

Langfristig gefährdet sieht Anders die Harzer Luchse durch Inzucht. Die Situation sei „zunehmend dramatisch“. Zum Glück gebe es Initiativen, die gegensteuern, etwa ein Zuchtprogramm des Internationalen Zooverbandes und Auswilderungsprojekte im Schwarzwald, im Thüringer Wald und im Erzgebirge. Der Weg vom Harz in den Thüringer Wald sei zumindest für männliche Luchse „durchaus machbar“. Wenn der Luchs in Thüringen heimisch wird, sei ein „Trittstein“ gegeben, sodass Luchse in andere Richtungen wie beispielsweise ins Erzgebirge migrieren könnten und eine Vernetzung der Populationen stattfinde.

Auch über eine Umsiedlung von Luchsen werde diskutiert, erklärte Anders. Der Fokus liege aber weniger auf Fängen als auf verwaisten Jungtieren. „Die Idee ist, wenn man in verschiedenen Populationen verwaiste Jungtiere hat, dass man dann so eine Art Ringtausch organisiert. Wenn das regelmäßig passiert, könnte das schon zu einer Sanierung der genetischen Strukturen führen.“