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„Hanau war ein Wendepunkt“

Theresa Brückner (32) ist seit 2019 Pfarrerin für Kirche im digitalen Raum im Kirchenkreis Tempelhof-Schöneberg. Die Ostberlinerin stammt aus einer protestan­tischen Familie. Bereits als Teenager fasste sie den Entschluss Theologie zu studieren. Man kennt Theresa Brückner über die Stadtgrenzen hinweg, weil sie als Pfarrerin @theresaliebt im Internet unterwegs ist. Im Interview mit Karola Kallweit spricht sie über Kirche im Netz, Sexismus und Strategien gegen Rechts.

Frau Brückner, wann haben sie gemerkt, dass Sie das Internet und die Theologie professionell miteinander verbinden können? 

Während der Studienzeit und zwar als ich mich auf mein erstes theologisches Examen vorbereitet habe. Davon und von meinem Job als Jugendmitarbeiterin in der Hoffnungskirche in Pankow habe ich auf Instagram erzählt. Spannend war, dass Menschen sich dafür interessierten, die gar nichts mit Kirche zu tun hatten. Da habe ich gemerkt,  dass das Internet eine Möglichkeit ist, raus aus der Theologieblase zu kommen. 

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Überschneiden sich die beiden Welten, online und offline?

Auf kirchlichen Veranstaltungen erlebe ich es häufig, dass ich jemanden treffe und er mir sagt, ich kenne dich aus dem Internet. Es kommt auch vor, dass Menschen die Anonymität des Netzes verlassen und zum Gottesdienst kommen.

Sie sind auf vier Plattformen aktiv: Instagram, Twitter, Youtube und Facebook. Unterscheiden sich die Inhalte, die Sie auf diesen Plattformen veröffentlichen?

Auf Twitter kann ich auch mal binnenkirchliche Themen ansprechen, weil da viele Leute sind, die sich mit und in der Kirche auskennen. Auf Instagram benutze ich hingegen eine ganz andere Sprache, da erkläre ich zum Beispiel immer, was ein Vikariat ist, wenn ich das Wort in einem Beitrag benutze. Die Nutzer hier sind zwischen 13 Jahren und 80 Jahren.

Welche ist die emotional anstrengendste Plattform?

Ich finde auf Youtube ist die Feedback-Kultur ganz schwierig. Da ich mich bewusst liberal positioniere, findet man dort viele fundamentalistische Kommentare. Ich habe dort die Schlagworte Satan und Teufel blockiert. Wer diese Wörter benutzt, kann nun nicht mehr kommentieren. Dort wurde häufig geschrieben, ich sei die Stimme des Teufels. Twitter ist auch anstrengend, weil hier viele ein großes Geltungsbedürfnis haben. Hier sind viele Theologiestudierende und Promovierende unterwegs, die teilweise sehr gereizt reagieren auf meine theologischen Themen.

Der Ton auf Twitter hat sich auch verändert in den letzten Jahren.

Das Gefühl habe ich auch. Als Frau ist es nochmal schwieriger in der Öffentlichkeit von sozialen Medien. Ganz oft bekomme ich ungefragt Tipps, wie es eigentlich richtig ist, was ich doch am besten machen könnte, dass sich dieses oder jenes ändert. Ich denke dann immer, ich hab doch gar nicht um Hilfe gebeten. Männern würde man im Internet wohl eher nicht so begegnen. Im Schnitt bekomme ich einmal im Monat die Nachricht, dass ich als Frau im Pfarramt nichts zu suchen habe. In der Gemeinde sagt mir das keiner.

Woher kommt dieser Sexismus?

Aus fundamentalistischen Kreisen, die diese Stelle im ersten Korintherbrief ernst nehmen: Die Frau schweige in der Gemeinde. Der Vorwurf an mich lautet dann, warum ich mich nicht an die Bibel halte?  Ich nähme die Bibel nicht ernst, sei keine echte Christin.

Begegnet Ihnen Sexismus im Netz anders als offline?Was ich kritisiere ist der salon­fähige Alltagssexismus in unserer Gesellschaft, der natürlich auch in den Gemeinden zu finden ist, weil Kirche ein Teil der Gesellschaft ist.

Haben Sie Beispiele?

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