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Hamburger Konferenz diskutiert, wie die Welt nachhaltig wird

Kann es noch gelingen, dass die Menschheit bis 2030 nachhaltig lebt? Über diese Frage wollen Staatschefs und Experten in Hamburg sprechen. Eine kleines nordfriesisches Dorf zeigt, wie es gehen kann.

Carsharing auf dem Land – geht das überhaupt? Im nordfriesischen Klixbüll schon. Die Gemeinde und die Bürger haben dort einen Verein gegründet, der nicht nur aufs Teilen, sondern auch auf umweltfreundliche Energie setzt. Vereinsmitglieder können ein elektrisch betriebenes Gemeinschaftsauto, das “Dörpsmobil” (plattdeutsch: Dorfmobil) online buchen und zur gewünschten Zeit ausleihen. An seinem festen Parkplatz in einem Neubaugebiet kann es mit Solarstrom aufgeladen werden.

Die 1.000-Einwohner-Gemeinde liegt ganz im Norden der Republik nahe der dänischen Grenze. Die Häuser des Reihendorfes, das sich entlang einer sechs Kilometer langen Hauptstraße erstreckt, stehen weit auseinander. Einen Arzt oder einen Supermarkt gibt es nicht. Ein Bus fährt alle zwei Stunden. Mobilität ist für Bürgermeister Rolf Friedrichsen, der Schlüssel, damit der Ort auch weiterhin attraktiv bleibt.

Auf die Idee zum Dörpsmobil kam 2016 sein Vorgänger, dem die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen besonders am Herzen liegen. Das “Dörpsmobil” trägt dazu bei, gleich mehrere der 17 Ziele zu verwirklichen, darunter “bezahlbare und saubere Energie”, “nachhaltige Städte und Gemeinden” und “Maßnahmen zum Klimaschutz”.

Mit der internationalen Umsetzung dieser Ziele beschäftigt sich am Montag und Dienstag eine Tagung in Hamburg. Rund 1.600 Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft aus der ganzen Welt wollen darüber beraten, wie sie gemeinsam die Ziele noch besser verwirklichen können. Die erste “Hamburg Sustainability Conference” (englisch: Hamburger Nachhaltigkeitskonferenz) wird von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eröffnet. Unter den Teilnehmern sind weitere Staats- und Regierungschefs wie der Präsident von Namibia, Nangolo Mbumba, und die Premierministerin von Barbados Mia Mottley sowie der Präsident der Weltbank, Ajay Banga.

Die Vereinten Nationen hatten sich 2015 auf die 17 Nachhaltigkeitsziele geeinigt, die sie bis 2030 verwirklichen wollen. Allen voran sollen extreme Armut und Hunger weltweit beendet werden. Doch die Umsetzung ist in den vergangenen Jahren ins Stocken geraten. Klimawandel, Pandemie, der Ukraine-Krieg und eine Schuldenkrise in armen Ländern bremsen die Fortschritte aus. Teils gab es sogar Rückschritte. Wenn es so weitergeht wie bisher, werden im Jahr 2030 laut UN noch immer 575 Millionen Menschen in großer Armut und mehr als 600 Millionen in Hunger leben. Nur 15 Prozent aller Vorsätze sind einer Studie zufolge auf Kurs.

Einen neuen Impuls gab es vor zwei Wochen bei einem Gipfel in New York: Die Vereinten Nationen verabschiedeten einen Zukunftspakt, der die Umsetzung der Ziele beschleunigen soll und Handlungsempfehlungen an die 193 Mitgliedsstaaten enthält.

Daran will die Hamburger Konferenz anknüpfen. “Die Welt braucht neuen Schwung auf dem Weg zu den Nachhaltigkeitszielen”, sagt Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD), deren Haus zu den Initiatoren der Veranstaltung gehört. Dafür brauche es neue Räume, in denen gemeinsam konkrete Lösungen für die sozial-ökologische Transformation entwickelt werden können. “Wir wollen vertrauensvoll, partnerschaftlich und kreativ miteinander reden – und dem Reden dann auch das notwendige Handeln folgen lassen.”

Diskutiert werden soll unter anderem, wie die internationale Finanzarchitektur, also Weltbank und Internationaler Währungsfonds, so verändert werden kann, dass Länder des globalen Südens einfacher an Kredite kommen. Es geht darum, wie weltweit Ernährungssicherheit gewährleistet werden kann, wie Städte zukünftig aussehen sollen und welche Rolle Künstliche Intelligenz spielt. Konkrete Ergebnisse werden nicht erwartet. Die Konferenz, die künftig jährlich stattfinden soll, ist eher als Austauschplattform gedacht.

In Klixbüll hat sich das “Dörpsmobil” aus Sicht von Bürgermeister Friedrichsen bewährt. Es werde zur Hälfte von der Gemeinde für Dienstfahrten in Anspruch genommen und zur anderen Hälfte von zehn bis 15 regelmäßigen Nutzern. Das Projekt ist inzwischen zum Vorbild für mehr als 30 weitere Gemeinden in Schleswig-Holstein geworden und wird vom Land gefördert.