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Großes Stadtfest in Wittenberg zum Ehejubiläum eines Promipaares

Ein eheloses Leben? Noch als Augustinerpater war der Zölibat für Martin Luther die höchste Form der menschlichen Existenz. Das änderte sich bald – spätestens als er um die Hand von Ex-Nonne Katharina von Bora anhielt.

Goldene Hochzeiten wurden schon so manche gefeiert. Auch Diamanthochzeiten nach 60 Jahren gibt es hin und wieder. Eine Gnadenhochzeit nach 70 Jahren ist schon eine absolute Rarität. Aber wie nennt man es, wenn der 500. Hochzeitstag gefeiert wird? Zugegeben, die Brautleute werden bei der Feier nicht anwesend sein – wohl aber ihr Ehering.

Am 13. Juni 1525 heirateten Martin Luther und Katharina von Bora in Wittenberg. Es war eine Skandalhochzeit. Nicht nur Luthers Gegner waren entsetzt über die Eheschließung des ehemaligen Augustinerpaters mit der ehemaligen Zisterzienserin. Manch einer fürchtete gar zweiköpfige Missgeburten, die aus dieser sündhaften Verbindung hervorgehen müssten. Auch manche Freunde und Verbündete des Reformators hatten ihre Zweifel an der Hochzeit.

Auch deshalb ging nach Bekanntwerden der Hochzeitspläne alles ganz schnell. Am Tag der Verlobung heirateten die beiden, umgeben von wenigen Freunden und Weggefährten. Nicht dabei war etwa Luthers engster Mitstreiter Philipp Melanchthon. “Für ihn muss Luther ein regelrechtes ‘Opfer’ Katharinas gewesen sein”, sagt der Vorstand der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt, Thomas T. Müller. So habe sich Melanchthon sehr kritisch über die Eheschließung geäußert: “Der Mann ist überaus leicht zu verführen, und so haben ihn die Nonnen, die ihm auf alle Weise nachstellten, umgarnt.”

In der Tat hatte Katharina zuvor zwei Offerten anderer Männer ausgeschlagen, erklärt Müller. In einem weiteren Fall wollten die Eltern des Erwählten die mittellose Ex-Nonne nicht als Schwiegertochter akzeptieren. “Irgendwann hat sie sich dann wohl darauf versteift, wenn überhaupt, dann diesen stattlichen Mann mit den klugen Gedanken zu heiraten”, so Müller. “Man kann wohl sagen, letztlich hat sie ihn sich ausgesucht.”

So oder so, für Müller ist klar: “Vor 500 Jahren war die Hochzeit der beiden auf jeden Fall ein Statement.” Zwar seien Luther und von Bora nicht die ersten gewesen, die ihr Zölibat brachen und heirateten. Dennoch hätten sie rund 450 Jahre als Prototyp des traditionellen Bildes rund um das evangelische Pfarrhaus gegolten. “Es war das Wittenberger Promipaar des Jahres 1525, welches die Maßstäbe setzte.”

Noch heute feiert die Lutherstadt Wittenberg den Hochzeitstag der beiden mit einem Stadtfest. In diesem Jahr ist dazu eine 500 Meter lange Hochzeitstafel geplant, außerdem ein Mittelaltermarkt mit Festivalcharakter. Müller freut sich darauf: “Es scheint fast, als solle die große Party, die im Anschluss an die formelle Eheschließung in Anwesenheit von nur wenigen Zeugen am 13. Juni 1525 erst einmal ausfiel, 500 Jahre später nachgeholt werden.” Ein Höhepunkt für die Luthermuseen ist eine Leihgabe aus dem Stadtmuseum Leipzig: Pünktlich zum Jubiläum ist seit Ende Mai und noch bis zum 10. August Katharinas Ehering in Wittenberg zu sehen.

Die Gestaltung des Rings ist für einen Ehering eher unüblich. So zeigt er die Marterwerkzeuge Christi, also Kreuz, Geißelsäule, Fesseln, Lanze, Schwert, Nägel und Würfel. Den Ring bekam Martin Luther wahrscheinlich schon 1523 vom abgesetzten dänischen König Christian II. geschenkt. Die Größe des Rings lässt laut dem Stadtmuseum Leipzig darauf schließen, dass er ursprünglich für Martin und nicht für Katharina gedacht war.

In der Ehe kümmerte sich Katharina um den Haushalt mit sechs Kindern, stellte Gesinde ein, hielt Vieh und kümmerte sich um die Finanzen. “Hier ließ ihr Luther anscheinend völlig freie Hand”, so Müller. Er habe seine Frau ehrfürchtig, aber auch liebevoll neckend “Herr Käthe” genannt. Die restriktive Arbeitsteilung lasse sich kurz zusammenfassen: “Sie hielt ihm den Rücken für die theologische Arbeit frei, und er ließ sie machen.”

Müller sieht einen Gegensatz zwischen Luthers Beziehung zu Katharina und einigen seiner allgemeinen Aussagen zur Rolle der Frau. Ehefrauen seien etwa “auch des Haushalts halber sehr von Nutzen”, äußerte der Reformator. Und: “Frauen sollen den Männern untertan und gehorsam sein.” In der eigenen Ehe scheine es dagegen so, als wären sich beide in vielen Fällen durchaus auf Augenhöhe begegnet, so Müller.

Ein ehemaliger Ordensmann heiratet eine ehemalige Nonne – auch heute wäre diese Hochzeit eine Schlagzeile wert, wenngleich wohl mit weniger Strahlkraft als vor 500 Jahren bei einem gewissen Martin Luther. Was damals unter schwierigen Vorzeichen begann, wurde laut Müller eine echte Liebesgeschichte.