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Großer Druck auf Medien in Venezuela vor der Wahl

Am Sonntag wird in dem südamerikanischen Land gewählt. Regierungskritische Medien haben es aktuell besonders schwer. Amtsinhaber Maduro beleidigte zuletzt aber auch die Auslandspresse.

“Wer das Wort Demokratie in den Mund nimmt oder schreibt, wird mundtot gemacht”, berichtet Lateinamerika-Experte Thomas Wieland vom Hilfswerk Adveniat. Das führe zu einer “nahezu umfassenden Selbstzensur” venezolanischer Journalisten aus Angst vor Repressionen und Verhaftungen im Vorfeld der Präsidentschaftswahlen. Am Sonntag stellt sich der sozialistische Amtsinhaber Nicolas Maduro zu Wiederwahl. Er regiert seit dem Tod des deutlich populäreren “Revolutionsführers” Hugo Chavez im Jahr 2013 das ölreichste Land der Welt – und geht zunehmend härter gegen Journalisten vor.

Für unabhängige und regierungskritische Medien hatte sich die Lage bereits seit Chavez’ erstem Wahlsieg 1999 kontinuierlich verschlechtert. Ende 2006 ließ Chavez die Lizenz des populären TV- und Radiosenders “RCTV” auslaufen. Hunderte Journalisten verloren ihren Job. Im Laufe der Jahre kauften der Regierung nahestehende Unternehmen kritische Medien wie “Globovision” oder “El Universal” auf, die daraufhin ihre Berichterstattung änderten und fortan die Opposition scharf angriffen. Mehr als hundert kleine Medien, Radiostationen oder Portale mussten schließen.

Dagegen gönnten sich erst Chavez und später auch Maduro eigene TV-Shows, in denen sie ihre Politik erklärten. Besonders gefürchtet war stets eine Sendung von Diosdado Cabello, der Nummer zwei hinter Chavez. Das Erkennungsmerkmal des Programms: Ein Schlagstock, mit dem Cabello auch mal offen Oppositionellen drohte.

Menschenrechtsorganisationen wie Human Rights Watch oder Amnesty wiesen immer wieder auf die dramatische Lage von Regierungskritikern hin. Wenn Cabello vor der Kamera drohe, könnte das auch von regierungsnahen paramilitärischen Banden als Aufforderung zur Umsetzung dieser Drohung mit Gewalt verstanden werden, so die Befürchtung.

Vor den Wahlen am Sonntag zog die Regierung Maduro nun noch einmal die Zügel an. Zunächst beleidigte der Präsident Auslandsmedien wie CNN und internationale Nachrichtenagenturen als “Müllverbreiter”. Dann blockierte er im eigenen Land unabhängige Nachrichtenportale im Internet. Die Vereinigung der Auslandspresse sah sich daraufhin genötigt, in einer Stellungnahme jedwede Aggression von politischen Akteuren oder Institutionen gegen die journalistische Arbeit zurückzuweisen und die Verbreitung von unfundierten Anschuldigungen zu kritisieren.

“Wir sind am Rande einer großen Nachrichtensperre in Venezuela”, sagte Marco Ruiz, Sekretär der Presse-Gewerkschaft SNTP gegenüber lokalen Medien. Während der blutig niedergeschlagenen Sozialproteste in den Jahren 2014 und 2015 nutzte die Regierung auch ihren Einfluss auf die Kommunikationsbehörden, um das Internet zeitweise abzuschalten. Vor den Wahlen wurde jetzt außerdem vereinzelt ausländischen Journalisten die Einreise ins Land verweigert. Dem Großteil gelang es aber, eine Akkreditierung zu erhalten, so die SNTP.

Mit Spannung blicken nicht nur die Inlands-Venezolaner auf den Wahlausgang. Ach viele im Ausland lebende Venezolaner verbinden mit dem Wahltag die Hoffnung auf eine Verbesserung der Menschenrechtslage und der wirtschaftlichen Situation in ihrem Land. Mitwählen dürfen sie allerdings nicht: Lokale Medien aus Chile und Peru berichten, obwohl sich in beiden Ländern weit über eine Million Venezolaner befänden, hätten nur wenige Tausende die Berechtigung erhalten, an den Wahlen teilzunehmen.

Rund acht Millionen Venezolaner haben in den vergangenen Jahren das Land verlassen, das entspricht einem Viertel der Bevölkerung. Die starke Frau der Opposition, Maria Corinna Machado, warnte, falls Maduro an der Macht bleibe, drohe eine weitere Migrationswelle ungeheuren Ausmaßes. Machado war die Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen untersagt worden.

Der Oppositionskandidat Edmund Gonzalez und Machado mobilisierten zum Wahlkampfabschluss noch einmal die Massen. Unabhängige Umfrageinstitute sagen einen klaren Wahlsieg von Gonzalez voraus. Amtsinhaber Maduro drohte für diesen Fall indirekt mit einem Blutbad. Venezuela steht so oder so ein historischer Sonntag bevor.