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Getrieben von der Liebe Gottes

John Wesley lebte und starb in London. Sein Leben war geprägt von vielen Reisen, auf denen er den Menschen von der Liebe Gottes predigte. Vor 225 Jahren starb der Begründer der Methodistischen Kirche. Sein Wohnhaus und die Kirche sind heute ein Museum

Der Mann aus Stein hält eine Bibel in der Hand. So, wie es der Mann aus Fleisch und Blut zeit seines Lebens als Prediger getan hatte. John Wesley zu Gedenken wurde die Statue im Innenhof des Gebäudes an der Londoner City Road errichtet – 1891 – genau hundert Jahre nach dem Tod des Gottesmannes.

Methodisch geführtes Gemeinschaftsleben

Geboren wurde Wesley im Juni 1703 in Epworth als fünfzehntes von neunzehn Kindern streng religiöser, puritanisch-konservativ eingestellter Eltern. Seine theologische Ausbildung erhielt er unter anderem an der Universität von Oxford, wo er 1728 zum Priester geweiht wurde und als Dozent tätig wurde. Zwei Jahre zuvor hatte sein Bruder Charles mit zwei Mitstudenten in Oxford den „Holy Club“ gegründet. Die Mitglieder trafen sich zum Bibelstudium. John Wesley schloss sich ihnen an und wurde bald Leiter und Organisator der Gruppe. Täglich wurde drei Stunden das Neue Testament gelesen, zweimal in der Woche gefastet, Gefangene und Kranke besucht und den Armen Geld gespendet. Wegen ihres methodisch geführten Gemeinschaftslebens wurden die Gläubigen spöttisch „Methodisten“ genannt.
Am 24. Mai 1738 machte John Wesley bei einer missionarischen Veranstaltung in London eine einschneidende Erfahrung: „Plötzlich“, so schrieb er später, „wurde es mir seltsam warm ums Herz“. Ab diesem Zeitpunkt war er sich sicher, Gottes Liebe zu erfahren. Noch im gleichen Jahr reiste er nach Frankfurt am Main, Marienborn und Herrnhut und entwickelte eine intensive missionarische Tätigkeit. Inhalte seiner Predigten waren Buße und Sündenvergebung, Heilsgewissheit sowie Wiedergeburt.
Sein zunehmender Erfolg wurde der anglikanischen Kirche suspekt, die ihn mit einem Predigtverbot in ihren Kirchen belegte. Daraufhin tat er sich mit George Whitefield zusammen, einem Freund aus dem Holy Club, der ebenfalls Predigtverbot erhalten hatte. Whitefields Beispiel folgend, begann Wesley als Freiluft-Prediger in Kingswood und Bristol, wo er den Bergarbeitern vor ihren Kohleminen predigte. Unermüdlich ritt er fortan von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf und hielt über Jahrzehnte hinweg täglich vier bis fünf Predigten, oft vor Tausenden von Zuhörern. So nahm die methodistische Bewegung ihren Fortgang. Zentrum der Bewegung wurde das Gelände einer ehemaligen Kanonengießerei an der City Road in London. Wesley erbaute dort eine Kapelle. In der heutigen Foundery Kapelle stehen noch einige Holzbänke und Charles Wesleys Pfeifenorgel. Die Kapelle wurde schnell zu klein, und so wurde eine gregorianische Kirche errichtet – die erste methodistische Kirche.

Nur im Winter reiste John Wesley nicht

In das angrenzende Haus – entworfen von George Dance, erbaut von dem Baumeister und ehemaligen Prediger Samuel Tooth – zog Wesley am 9. Oktober 1779 ein und lebte dort in den letzten elf Jahren seines Lebens. Es wurde fortan seine Londoner Basis während der Wintermonate, in denen er nicht reiste. Den Rest des Jahres ritt er kreuz und quer durch das Land, um das Wort Gottes zu verbreiten. Während seiner Reisen wurde das Haus von Predigern auf der Durchreise samt ihrer Familien belegt – so auch Thomas Coke, dem Wesley 1784 als Superintendent die Aufsicht über die Methodisten in den Vereinigten Staaten übertrug.   
Im Untergeschoss befindet sich ein Speisezimmer mit original Mobiliar. Der Tisch ist gedeckt, so als hätten die Eigentümer gerade den Raum verlassen. An der Wand hängt das Original des Ordinationszertifikats des Predigers Thomas Coke. Über ihn schrieb Wesley in seiner flüssigen Handschrift: „I wish I had a hundred preachers like him“ (übersetzt: „Ich wünschte, ich hätte hundert Prediger wie ihn“).
Im ersten Stock des Wohnhauses sind die persönliche Bibliothek und das Arbeitszimmer von John Wesley untergebracht. Hier stehen dicht an dicht die theologischen Schriften, auf dem Schreibtisch liegen Papier und Feder bereit, um weitere zu verfassen. Viele Details geben Einblick in seine Reisen. So steht in der Bibliothek auf einer Kommode die Miniatur eines Segelschiffes, das an seine Reise nach Amerika erinnert: 1735 ging er mit seinem Bruder Charles für zwei Jahre als Missionar nach Georgia. Auf der Überfahrt nach Amerika schloss er sich einer Gruppe der Herrnhuter Brüdergemeine an, die Wesley stark beeindruckte.
In der Krypta von Wesleys Kirche befindet sich das 2013 renovierte Museum des Methodismus. Es erzählt von der methodistischen Bewegung und aus dem Leben des John Wesley. In einer Ecke steht die Kanzel, von der aus Wesley in seiner ersten Kapelle gepredigt hatte. Die einfache Holzbalustrade ist abgegriffen. Daneben hängt ein Ölgemälde von Maria Spilsbury Taylor, das John Wesley während einer Predigt in Irland zeigt. Wesley war zwischen 1747 und 1789 mehr als zwanzig Mal in Irland. Bei seinem letzten Besuch predigte er unter einem Kastanienbaum. Diese Situation hielt die Künstlerin fest.

In Irland predigte Wesley besonders häufig

Durch einen Hinterausgang gelangt man in einen kleinen begrünten Innenhof mit Bänken, Bäumen und verwitterten Grabsteinen zwischen dem Chor der Kirche und spiegelverglasten Hochhäusern. Hier befindet sich das Grab von John Wesley.
Als John Wesley am 2. März 1791 im Alter von 87 Jahren im Kreis seiner Familie und Freunde starb, hatte er mehr als 320 000 Kilometer zu Pferd und zu Wasser zurückgelegt – immer unterwegs zu den Menschen, denen er Gottes Liebe predigte.

Information: Wesley‘s Chapel, John Wesley‘s House und Museum of Methodism, 49 City Road, London, E-Mail: museum@wesleyschapel.org.uk, Internet: www.wesleyschapel.org.uk.